Redner(in): Angela Merkel
Datum: 10. Juni 2017
Anrede: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Enrique Peña Nieto,sehr geehrte Anwesende,sehr geehrtes Podium,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Rede/2017/06/2017-06-10-rede-merkel-wirtschaftsveranstaltung-mexiko.html
Ich freue mich, dass wir heute in diesem Museum eine Veranstaltung für die Zukunft durchführen können, über die zukünftigen Beziehungen der mexikanischen und der deutschen Wirtschaft sprechen können und uns auch einige Exponate anschauen können. Ich möchte Ihnen, Herr Präsident, und unseren mexikanischen Partnern sowie der deutschen Botschaft ganz herzlich für das danken, was Sie hier organisiert haben.
Die wirtschaftliche Kooperation ist einer der wichtigsten Pfeiler unserer Brücke der Zusammenarbeit. Mexiko ist für Deutschland ein wichtiger Wirtschaftspartner. Mexiko und Deutschland fühlen sich den gleichen Prinzipien verpflichtet denen eines offenen Handels, eines fairen Handels zum allseitigen Nutzen. Mexiko ist deshalb auch über die WTO und viele bilaterale Freihandelsabkommen in die Weltwirtschaft eingebunden.
Offene Märkte und internationale Arbeitsteilung können zum Nutzen aller entwickelt werden. Und so haben sich die Europäische Union und Mexiko entschlossen, das Freihandelsabkommen, das uns heute schon verbindet, zu modernisieren. Wir haben gestern sehr ausführlich darüber gesprochen, dass wir dies zügig machen wollen. Deutschland wird sich dafür einsetzen, dass wir möglichst noch in diesem Jahr im Grundsatz fertig werden.
Das Rahmenwerk kann durch die Politik gesetzt werden. Die eigentlichen Taten müssen dann durch Sie, die Unternehmerinnen und Unternehmer, geleistet werden. 1.900 Unternehmen aus Deutschland sind in Mexiko tätig. Viele mexikanische Unternehmen haben auch gute Erfahrungen mit Deutschland gemacht. Wir wollen ein guter Investitionspartner sein zum gegenseitigen Nutzen. Die Investitionen deutscher Unternehmen schaffen immerhin 150.000 Arbeitsplätze in Mexiko. Es sind zum großen Teil hochwertige Arbeitsplätze mit gut ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Hierbei ist auch das duale Ausbildungssystem zu erwähnen, das in Mexiko auf einen sehr fruchtbaren Boden gefallen ist. Wir sind gerne bereit, auch noch mehr in den Bereich der dualen Ausbildung zu investieren.
Mexiko wird nächstes Jahr Partner der Hannover Messe sein, der größten Industriemesse der Welt. Ich lade Sie alle kleinere und größere Unternehmen ein: Kommen Sie nach Deutschland, präsentieren Sie sich dort. Die Hannover Messe zeigt auch den Sprung in eine neue Art der Fertigung, in die Industrie 4.0, wie wir das nennen, in der die Möglichkeiten der digitalen Welt aufgegriffen werden. Sie alle spüren ja schon heute: Neue Entwicklungen finden im Internet statt, es wird erst einmal virtuell vorgearbeitet und danach werden die realen Produkte hergestellt.
Aber noch wichtiger an der Industrie 4.0 ist sicherlich, dass der Kunde in eine ganz andere Position rückt. Jedes Produkt kann im digitalen Zeitalter viel individueller hergestellt werden. Die Unternehmen müssen die Wünsche ihrer Kunden sehr viel besser kennen. Deshalb befinden wir uns auch in einem Wettlauf mit den Unternehmen, die die Kunden über Plattformen wie Google oder Amazon oder anderen gut kennen, die aufgrund des Konsumverhaltens der Kunden vieles über sie wissen und die den Kunden sozusagen die Wünsche vom Mund oder von ihrem digitalen Verhalten ablesen können. Wir, die wir die reale Industrie schätzen und wissen, dass Produkte natürlich auch in der Realität ankommen müssen, müssen aufpassen, dass wir nicht zu einer verlängerten Werkbank werden und einfach nur noch das produzieren, was andere große Internetunternehmen in Auftrag geben, sondern dass der große Teil der Wertschöpfung in der industriellen Produktion erhalten bleibt.
Dieser Weg wird auch für Mexiko sehr, sehr wichtig sein, denn Sie wollen ja aus dem mittleren Einkommensbereich herauskommen und langsam auch immer mehr hochwertige Arbeitsplätze haben. Deshalb ist die duale Berufsausbildung wichtig. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, die bereit sind, lebenslang weiter zu lernen. Denn sie merken, dass wir in Zeiten disruptiver Entwicklungen leben. Sie merken, dass die Jungen oft besser als die Älteren Bescheid wissen, weil diese nicht schon in dieser Internet-Welt groß geworden sind. Wenn wir diese revolutionäre Veränderung aufnehmen wollen, dann müssen wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Unternehmen sagen: Ihr müsst immer weiter lernen; dann wird euer Arbeitsplatz auch sicher sein.
Das sind also neue Fragen auch zum Arbeitsleben, nicht nur zur Produktion von Gütern. Wenn sich mexikanische Unternehmen mit deutschen Unternehmen darüber austauschen, so, glaube ich, ist das gut für unsere beiderseitige Zukunft. Herzlichen Dank.