Redner(in): Hans Martin Bury
Datum: 18.10.2001
Untertitel: Einer der zentralen Gedanken nachhaltiger Entwicklung ist die gleichrangige Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/95/60395/multi.htm
einer der zentralen Gedanken nachhaltiger Entwicklung ist die gleichrangige Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange. Dieser Ansatz ist richtig und er ist unstrittig.
Die Bundesregierung wird bei der Betonung des sektorübergreifenden Ansatzes einen Schritt weiter gehen und sich bei der Erarbeitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie an vier Kernthemen orientieren:
GenerationengerechtigkeitLebensqualitätSozialer ZusammenhaltInternationale VerantwortungGenerationengerechtigkeit ist der entscheidende Maßstab. Nicht auf Kosten künftiger Generationen zu leben ist kategorischer Imperativ einer nachhaltigen Entwicklung.
Das umfasst die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ebenso wie einen sparsamen und effizienten Umgang mit Energie und natürlichen Ressourcen. Der Anspruch der Generationengerechtigkeit weist aber über die klassischen Umweltthemen hinaus.
Die wichtigsten Reformvorhaben dieser Bundesregierung orientieren sich daran. Mit dem Abbau der Staatsschulden geben wir künftigen Generationen ihre Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit zurück. Mit der Rentenreform haben wir Generationengerechtigkeit für die Altersvorsorge neu buchstabiert.
Das zweite Leitmotiv ist die Verbesserung der Lebensqualität. Nachhaltigkeit ist keine neue Verzichtskultur.
Zur Lebensqualität gehören eine intakte Landschaft ebenso wie gute Schulen und eine lebenswerte und sichere Stadt mit vielfältigen kulturellen Angeboten. Lebensqualität - das bedeutet auch gesunde und qualitativ hochwertige Lebensmittel.
Mit der Neuorientierung der Agrarpolitik hat die Bundesregierung auf diesem Gebiet die Weichen gestellt.
Wirtschaftliche Dynamik und Strukturwandel brauchen gesellschaftliche Solidarität. Aus diesem Grund bildet der soziale Zusammenhalt den dritten Pfeiler unserer Strategie. Wir wollen den wirtschaftlichen Strukturwandel so gestalten, dass alle an den damit verbundenen Chancen teilhaben können.
Und schließlich Internationale Verantwortung:
1992 wurde in Rio mit der nachhaltigen Entwicklung ein globaler Auftrag formuliert.
Im Zeitalter der Globalisierung sind die einzelnen Staaten und Völker eng miteinander verflochten. Das gilt für die Ökonomie ebenso wie für die Ökologie - Stichwort Klimaschutz. Auch Sicherheit ist nicht teilbar.
Kein Land kann auf sich allein gestellt für seine Bürgerinnen und Bürger eine friedliche Zukunft gewährleisten.
Die Nachhaltigkeitsstrategie wird aber nicht nur Ziele beschreiben, sondern auch Wegmarken:
Indikatoren und quantifizierte Ziele sollen als Orientierungswerte Wege für die Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufzeigen, um die gemeinsam angestrebten Ziele zu erreichen.
Die Indikatoren kennzeichnen, welche Handlungsfelder für eine nachhaltige Entwicklung besonders wichtig sind. Die Ziele markieren die Richtung, in die die Entwicklung in den nächsten 20 Jahren gehen soll. In diesem Sinne sind Indikatoren und Orientierungswerte Bausteine eines Managementkonzepts der Nachhaltigkeit.
Bei der Nachhaltigkeitsstrategie geht es uns nicht nur um neue Inhalte, es geht auch um einen neuen Politikstil. Nachhaltige Entwicklung kann nicht vom Staat verordnet werden. Wer investiert und konsumiert, bestimmt ebenso die Richtung wie der Staat mit Gesetzen und Programmen.
Nur wenn sich die Akteure in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik auf ein gemeinsames Leitbild verständigen, werden wir Erfolg haben.
Deshalb brauchen wir eine breite gesellschaftliche Diskussion über Leitbild und Prioritäten einer nachhaltigen Entwicklung.
Um diesen Verständigungsprozess zu fördern, hat der Bundeskanzler den Rat für Nachhaltige Entwicklung berufen, dem u. a. Vertreter aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen, Umweltverbänden und Wissenschaft angehören. Als Berater und Ideengeber, aber auch als kritischer Begleiter nimmt der Rat bei der Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie eine zentrale Funktion wahr. Parallel dazu setzen wir den Dialog mit den gesellschaftlichen Gruppen fort.
Aber wir wollen nicht nur Institutionen und Verbände erreichen. Jede Bürgerin und jeder Bürger hat die Möglichkeit, sich im Internet über unser "Dialogforum Nachhaltigkeit" an der Debatte zu beteiligen.
Die Ergebnisse des Dialogs werden wir in den ersten Entwurf einer Strategie einbeziehen, den wir zum Jahresende vorlegen werden.
Gerade in Zeiten rasch wechselnder politischer Themen und eines beschleunigten wirtschaftlichen Strukturwandels brauchen wir eine langfristige Orientierung.
Der jetzt begonnene breite öffentliche Dialog über Nachhaltigkeit bietet die Chance, viele Menschen für die Zukunftsfragen unseres Landes zu interessieren.
Lassen Sie uns diesen Dialog führen und die Menschen für die Idee der Nachhaltigkeit gewinnen.