Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 23.10.2001

Untertitel: "Gerade jetzt ist es wichtig, den Blick nach vorn zu richten und an die Zukunft zu denken. Deswegen habe ich auch alles daran gesetzt, meine Zusage zur Teilnahme an dieser Zukunftskonferenz hier in Leipzig einzuhalten."
Anrede: Lieber Herr Jeske, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/13/60613/multi.htm


natürlich ist es so, dass wir alle, nicht nur in Deutschland, noch unter dem Schock der Ereignisse vom 11. September stehen. Viele Menschen fragen nach den Konsequenzen dieser Attentate von New York und Washington. Es wird gefragt, was auf uns zukommen wird. Was werden wir an Solidarität mit unseren amerikanischen Freunden und Partnern leisten müssen? Sind der Frieden und die internationale Stabilität gefährdet? Das sind alles Fragen, die nur zu verständlich sind. Jedoch mischen sich in diese Fragen schon wieder skeptische Einsichten, die da heißen: Üben wir nicht zu viel Solidarität aus? Sollten wir uns nicht besser heraushalten? Ich finde, das wäre eine verkehrte Antwort.

Wir haben gute Gründe festzustellen, dass das, was in Amerika geschah, keineswegs nur gegen die Vereinigten Staaten von Amerika gerichtet ist, sondern dort Werte und Vorstellungen von vernünftigem und gutem Leben getroffen worden sind. Nach diesen Werten haben auch wir unser Leben und unsere Art zu wirtschaften organisiert, was vielleicht gerade in diesem Zusammenhang wichtig ist. Insofern galt das nicht nur den Amerikanern, sondern auch uns. All denen, die jetzt fordern "haltet euch da raus", sage ich: Wir wollen das nicht, wir können das nicht und wir dürfen das auch nicht. Wenn es wahr ist, dass der internationale Terrorismus uns alle bedroht - und das ist wahr - , dann gibt es kein Sichheraushalten, sondern nur das, was ich uneingeschränkte Solidarität genannt habe und das im ureigenen Interesse und keineswegs nur aus Bündnissolidarität oder aus Dankbarkeit Freunden gegenüber, die uns über Jahrzehnte geschützt haben.

Wir waren zwar nicht das unmittelbare Ziel der Terroristen, aber es muss erkannt werden, dass wir genauso getroffen werden sollten. Deswegen ist das Ausweichen und das Wegducken nicht erlaubt, denn dies würde gegen unsere eigenen nationalen Interessen verstoßen.

Natürlich machen sich viele Menschen nicht nur Sorgen um die internationale Entwicklung, um die Frage, wie es in Afghanistan und in anderen Ländern weitergeht, sondern sie machen sich auch Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung, denn die Anschläge vom 11. September sollten auch die Weltwirtschaft treffen. Das war das erklärte Ziel. Die Frage, die wir alle stellen müssen, ist: Wollen wir das zulassen, dass sie getroffen wird?

Die Sorgen, denke ich, die sich Menschen auch über die wirtschaftliche Entwicklung machen, muss man ernst nehmen. Aber ich füge genauso klar hinzu: Wir dürfen es nicht zulassen, ob in der Politik, in der Kultur, in der Wirtschaft oder in der Wissenschaft, dass aus solchen Sorgen und Besorgnissen Ängste werden. Aus Sorgen und Besorgnissen - das ist ganz menschlich - kann sich neue Entschlossenheit und aus der Entschlossenheit neue Kraft entwickeln. Ängste dagegen lähmen uns im Ökonomischen wie auch im Politischen. Das Ziel derer, die feindselig gesonnen sind, war, zu lähmen und Entschlossenheit, Kraft und Optimismus zu zerstören.

Deswegen gilt: Die dürfen nicht gewinnen, wir gemeinsam müssen gewinnen und ich glaube, wir werden gewinnen, denn wir stehen für die Werte, mit denen Menschen besser leben können, gerade auch in den Ländern, die den Terroristen gegenwärtig noch Schutz gewähren. Ängste, die uns die Kraft zu wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung nehmen könnten, dürfen wir nicht aufkommen lassen. Wo es sie gibt, müssen wir sie überwinden - und wenn ich "wir" sage, meine ich insbesondere die politischen, kulturellen und ökonomischen Eliten eines Landes.

In Krisensituationen kommt denen eine ganz besondere Verantwortung zu. Eliten sind sie aber nur, wenn sie das erstens erkennen und zweitens ihre besondere Verantwortung für das Gemeinwesen auch wahrnehmen, sonst nicht. Ich glaube, deshalb ist es gerade jetzt wichtig, den Blick nach vorn zu richten und an die Zukunft zu denken.

Das ist exakt der Grund, warum ich alle Möglichkeiten habe nutzen wollen, um heute hier zu sein. Sie tun genau das, Sie lassen sich nicht entmutigen, sondern kommen zusammen, um nach Wegen zu suchen, wie man Krisen überwindet und Zukunftsperspektiven für eine ganz wichtige Region entwickelt. Ich denke, das ist der Inhalt dieses Zukunftskongresses und deswegen ist er gerade jetzt wichtig. Diejenigen, die ihn veranstaltet haben, konnten das nicht planen und wenn sie es gekonnt hätten, hätten sie es nicht getan. Aber vielleicht ist es gerade jetzt wichtig zu sagen, dass dieser Kongress auch einen Beitrag dazu leistet, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern das Gegenteil dessen zu tun.

Wir können uns daran erinnern, dass unmittelbar nach Herstellung der staatlichen Einheit der Leipziger Raum mit Orten wie Bitterfeld, Halle und Schkopau eine Region ohne Zukunft zu sein schien. Viele haben das so gesehen. Viele, die die Kraft dieser Region und ihrer Menschen nicht kannten. Die so genannten Experten überboten sich in düsteren Prognosen. Die Region war für sehr viele einfach abgeschrieben.

Diejenigen, die das so gesehen haben, haben die Rechnung ohne den berühmten Wirt, sprich ohne die Menschen in dieser Region gemacht. Menschen, die sich nicht von Pessimismus und Hoffnungslosigkeit anstecken ließen, sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht entmutigen ließen, die über die Jahre hinweg mit Mut und Energie, mit Willensstärke, aber auch mit einer ungeheuren Leistungsbereitschaft etwas geschaffen haben, auf das sie, die Menschen in dieser Region, wirklich stolz sein können.

Diejenigen, die regieren, seinerzeit in Bonn oder jetzt in Berlin, haben gewiss Beiträge dazu leisten können durch Förderung der Infrastruktur, durch Verbesserung des Wohnumfeldes, durch Hilfen bei der Ansiedlung von Betrieben und durch Hilfen bei der Ausbildung. Ohne Ansehen der Parteien kann und muss man das sagen. Das hat es gegeben und war auch wirklich in Ordnung so. Aber das wirklich Bewegende haben die Menschen in dieser Region geschaffen und deswegen ist der Stolz auf die eigene Leistung berechtigt.

Heute hat die Region Leipzig wieder einen wirklich glänzenden Ruf. BMW baut hier ein neues Automobilwerk. Ich denke, das passt in diese Region. Vor wenigen Tagen hat Porsche das Richtfest für eine neue Produktionsstätte gefeiert.

Bei dieser Zukunftskonferenz heute geht es darum, die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und anderen Akteuren in der Region so zu organisieren, dass diese Region nicht nur im nationalen - denn das reicht nicht mehr - , sondern auch im internationalen Wettbewerb um die kreativsten Köpfe und die besten Leute mithalten kann. Ich bin ziemlich sicher, dass Sie das auch hinbekommen werden, nachdem die Region Leipzig-Halle, Halle-Leipzig - ich will mich nicht einmischen, was man zuerst nennen muss - im ökonomischen Wettbewerb wirklich konkurrenzfähig ist, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

In diesem internationalen Wettbewerb um die kreativsten Köpfe werden nur diejenigen aus der Region Erfolg haben, die ganz bestimmte, klar benennbare Bedingungen erfüllen, die hier diskutiert werden.

Diese Regionen müssen erstens über ein attraktives Lebensumfeld, der Oberbürgermeister hat darauf hingewiesen, und eine leistungsfähige Infrastruktur verfügen.

Sie benötigen zweitens ein wettbewerbsfähiges, innovatives wirtschaftliches und wissenschaftliches Potenzial.

Sie müssen drittens vor allem qualifizierte Fachkräfte, das heißt hochmotivierte Facharbeiter ebenso wie qualifizierte Absolventen von Fachhochschulen und Universitäten, vorweisen.

Viertenssollten sie ein funktionierendes System der Qualifizierung und der Weiterbildung aufgebaut haben.

Diese vier Säulen, die ich genannt habe, haben miteinander zu tun, sie bedingen einander. Tragfähig sind die Säulen erst dann, wenn alle Akteure der Region, wenn Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Landespolitik und kommunale Verwaltungen nicht nur daran mitbauen, sondern für den Erhalt sorgen. Dass der Bund dann mit seinen Möglichkeiten hilft, können Sie voraussetzen, denn das wird geschehen, aber die wirklich wichtigen Aktionen müssen aus der Region selbst kommen.

In der jetzigen Situation wird viel über Wirtschafts- und Finanzpolitik diskutiert und das ist auch richtig so. In der Situation, in der wir sind, zeigt sich jedenfalls nach meinem Dafürhalten in aller Deutlichkeit, dass unsere Wirtschafts- und Finanzpolitik richtig angelegt ist. Ich bin durchaus der Auffassung, dass man über die einzelnen Details reden kann, aber der Gleichklang von einer auf der einen Seite wachstumsfördernden Steuerpolitik sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite und einer auf der anderen Seite entschiedenen Konsolidierungspolitik der öffentlichen Haushalte darf auch aus kurzfristigen Erwägungen heraus nicht aufgegeben werden.

Gerade weil wir auf langfristige Planbarkeit, Haushaltskonsolidierung und ausgewogene Wachstumsanreize - ich sage es noch einmal, sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite - setzen, sind die Voraussetzungen für eine rasche Stärkung der Wachstumskräfte unserer Volkswirtschaft durchaus gegeben. Bei uns droht keine Rezession und wir sollten auch keine herbeireden wollen.

Wir haben es, das muss auch erkannt werden, mit einer Wachstumsschwäche zu tun, mit einer vorübergehenden Eintrübung der wirtschaftlichen Entwicklung, aber unsere Wirtschaft wächst ungeachtet eines schwierig gewordenen Umfeldes immer noch. Nach der gegenwärtigen Eintrübung bin ich sicher, dass wir auch im kommenden Jahr wieder Wachstumsraten in einer Größenordnung zu verzeichnen haben, wie sie im Durchschnitt der 90er Jahre typisch waren und mit denen wir umzugehen hatten.

Es ist doch sehr interessant, im Durchschnitt der 90er Jahre hatten wir ein Wachstum von einem bis anderthalb Prozent. Ich möchte damit nicht sagen, dass das reicht, aber kein Mensch hat in der damaligen Zeit über Rezessionsängste lamentiert. Wir haben versucht, diese Wachstumsraten auf- und auszubauen und genauso sollten wir es auch jetzt halten.

Alle Basisdaten, über die wir verfügen, weisen darauf hin, dass es im nächsten Jahr wieder besser wird. Die Inflation ist nach dreieinhalb Prozent im Mai dieses Jahres auf inzwischen rund zwei Prozent zurückgegangen und alle Daten, über die wir verfügen, weisen darauf hin, dass die inflationäre Entwicklung noch weiter zurückgeht. Dies, meine Damen und Herren, trägt weit mehr als jedes Strohfeuerprogramm zur Binnenkonjunkturentwicklung bei. Darüber hinaus zeigt das auch, dass es keinen wirklich realen Grund zum Pessimismus in der Wirtschaft und auch nicht in der Politik gibt. Im Gegenteil, das Vertrauen in die Stärke unserer Wirtschaft ist gerechtfertigt.

Dies gilt auch für die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland. Wir sind auch hier strukturpolitisch auf dem richtigen Weg und die dynamische Entwicklung der Region Halle-Leipzig ist dafür ein eindrucksvoller Beweis. Diese Region gewinnt sichtbar an Attraktivität. Hier entsteht ein zukunftsfähiges Regionalprofil, hier gibt es ein breites Spektrum qualifizierter Fachkräfte und vor allen Dingen ein funktionierendes Qualifikationsnetzwerk. Wenn es noch eines weiteren Beweises für diese Feststellung bedurft hätte, dann hat die Entscheidung von BMW diesen Beweis, glaube ich, geliefert, denn diese Entscheidung hatte ganz entschieden mit diesen Merkmalen und Bedingungen für die Entwicklung einer Region, die ich genannt habe, zu tun.

Die Region Halle-Leipzig ist übrigens nicht das einzige Beispiel. In den meisten Wachstumsregionen Ostdeutschlands haben sich um große Industrieunternehmen, um Spitzenuniversitäten und um überregionale Forschungseinrichtungen herum innovative Netzwerke gebildet.

In Schkopau konnte ich das während der Sommerreise erneut erfahren. Aus dem Chemieherz der alten DDR wird hier mit dem Unternehmen BSL nicht zuletzt dank ausländischer Direktinvestitionen wieder ein wichtiges an die alten Traditionen anknüpfendes Industriezentrum. Zulieferer und Abnehmer von BSL siedeln sich an, was ein Beispiel für ein erfolgreiches Netzwerk und für das Anknüpfen bei der wirtschaftlichen Entwicklung an vorhandene oder neu geschaffene Potenziale in einer Region ist, von dem aus man Entwicklung wirklich aussichtsreich betreiben kann und betreiben muss.

Welche zentrale Bedeutung Netzwerke dieser Art auch für die erfolgreiche Entwicklung von eher ländlich geprägten Regionen haben, kann man, wenn man über die beiden Landesgrenzen hinwegschaut, am Beispiel Medicon Valley in Mecklenburg-Vorpommern sehen. Dort arbeiten 40 Unternehmen mit drei Fachhochschulen und den Universitäten Greifswald und Rostock in dem Schwerpunktbereich Medizintechnologie zusammen.

Was will ich damit sagen? Unsere Politik setzt darauf, diese Kooperationsformen zu stärken. Deshalb fördern wir auch regionale Netzwerke mit möglichst passgenauen Programmen, um nicht mit der "Gießkanne" durchs Land laufen zu müssen, sondern um an das anzuknüpfen, was in den Regionen entwicklungsfähig ist. Das ist das Neue unserer Förderpolitik in den letzten drei Jahren.

Maßstabsetzend war das Förderprogramm InnoRegio, das dem Prinzip des Wettbewerbs folgt. Es hat sich wohl gerade deshalb nicht nur für die 19 prämierten innovativen Netzwerke, sondern auch für die übrigen Teilnehmer, die nicht oder noch nicht unter den prämierten sind, gelohnt. Wirklich erfolgreich arbeiten können diese Netzwerke dann, wenn sie in eine passende Infrastruktur eingebettet und zugleich integraler Teil in einer wettbewerbsfähigen Wirtschaftskette sind.

Deshalb brauchen wir in Ostdeutschland noch mehr große Unternehmen als Kristallisationskerne und Initiatoren solcher Entwicklungen. Auch in dieser Hinsicht sage ich, dass die Investitionsentscheidung von BMW nicht nur für die Region Halle-Leipzig, sondern für ganz Ostdeutschland ein wirklicher Gewinn ist und ich bin ganz sicher, er ist vor allen Dingen einer, der den Menschen in der Arbeit hilft, weil er ihnen Arbeit bringt.

Die Erfahrung zeigt, dass auch das Problem eines Fachkräftemangels nur in Zusammenarbeit von Unternehmen mit der Arbeitsverwaltung und den zuständigen Kammern gelöst werden kann. Am Anfang steht die Erkenntnis, dass der Fachkräftebedarf der regionalen Unternehmen auf Dauer nur gedeckt werden kann, wenn die Unternehmen mehr und zielgerichteter ausbilden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.

Es gibt auch erfreuliche Beispiele, bei denen nicht gleich immer nur nach dem Staat gerufen wird. Viele Unternehmen werden inzwischen selbst aktiv und kümmern sich selbst um qualifizierten Nachwuchs. Allerdings ist dies in den neuen Ländern, insbesondere im Bereich der Erstausbildung, noch keineswegs selbstverständlich, aber es muss selbstverständlich werden.

Wir haben bedauerlicherweise immer noch den Tatbestand, dass 75 Prozent der ostdeutschen Ausbildungsplätze direkt oder indirekt staatlich finanziert oder staatlich bezuschusst werden. Das muss sich ändern. Es beginnt auch, sich zu verändern und man muss denen, die gelegentlich mit dem Finger auf die angeblich mangelnde Ausbildungsbereitschaft zeigen, eines sagen: Die Tatsache, dass es im Osten unseres Landes im Durchschnitt deutlich weniger Ausbildungsplätze gibt, hat nicht nur etwas mit Unwilligkeit zu tun, es hat auch etwas damit zu tun, dass es im Durchschnitt weniger Betriebe gibt, die ausbilden können. Ich glaube, es wäre wichtig, wenn von einer solchen Konferenz auch ein Appell ausginge, dass die Unternehmen ihren Ausbildungsverpflichtungen nachkommen, denn das System, das wir in der Ausbildung haben und das erstklassig ist, das weltweit beachtet ist, geht genau davon aus, dass es Sache der Betriebe selbst ist, die Erstausbildung in die Hand zu nehmen und der Staat das nur begleitet. Staatliche Unterstützung kann und darf deshalb auf Dauer nur nachrangig sein. Das wird im Osten zwar auf absehbare Zeit immer noch eine große Aufgabe für den Staat bleiben, aber es geht mir wirklich darum, dass erkannt wird, dass man in den Betrieben noch mehr klotzen und weniger kleckern muss, was diese Frage anbetrifft.

Wenn es um Qualifizierung geht, haben auch die Hochschulen und Fachhochschulen eine besondere Verantwortung. Unser Ziel muss deshalb sein, die Hochschulausbildung möglichst praxisnah weiterzuentwickeln. Insoweit können auch von solchen Konferenzen, bei denen sich die unterschiedlichsten Akteure treffen, um Erfahrungen auszutauschen, wichtige Impulse ausgehen.

Wir, der Bund, investieren deshalb allein in diesem Jahr 1,3 Milliarden DM in die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Im Bildungs- und Forschungsetat haben wir trotz aller Sparnotwendigkeiten zum dritten Mal infolge deutlich aufgestockt. Wir wollen damit ganz bewusst Prioritäten setzen, wir wollen - verehrter Herr Ministerpräsident, auch das geschieht bei Ihnen - auch Beispiele dafür geben, was in diesem Bereich in den Ländern geschehen ist. Wir setzen auch auf Innovation im System. So vernetzen wir über die neuen Medien unsere Hochschulen stärker mit der internationalen Wissenschaftswelt und entwickeln Modelle für die Idee der virtuellen Hochschulen, denn nur eine intelligente Kombination von Präsenzuniversität und virtueller Universität wird die Bedeutung unseres Landes als internationaler Wissenschaftsstandort sichern.

Unser Ziel muss sein, alle Begabungen im Volke zu nutzen. Es geht darum, der jüngeren Generation eine fundierte und kompakte Ausbildung zu sichern. Aber genauso wichtig ist es auch, den Erfahrungsschatz älterer Beschäftigter auszuschöpfen. Im Bündnis für Arbeit haben wir deshalb eine Qualifizierungsoffensive - wie wir es genannt haben - beschlossen, mit der wir erreichen wollen, ältere Menschen vermehrt zu beschäftigen, ihre Arbeitslosigkeit vorbeugend zu verhindern und ältere Arbeitslose wieder in Arbeit zu bringen. Die Qualifizierung von Fachkräften durch Aus- und Weiterbildung - das muss man leider auch erkennen - reicht nicht aus, um die Region für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen.

Es muss hinzukommen, die Qualität der Infrastruktur zu entwickeln, denn auch sie entscheidet über die Zukunftschancen von Regionen. Um vorhandene Infrastrukturlücken in den neuen Ländern zu schließen, habe ich mit den Ministerpräsidenten aller Länder vereinbart, nach dem Auslaufen des Solidarpaktes I im Jahr 2004 weitere 15 Jahre lang insgesamt mehr als 300 Milliarden DM zur Verfügung zu stellen. Das haben wir im Solidarpakt II festgeschrieben. Dadurch haben wir Planungssicherheit für Regionen, Kommunen, aber auch private Investoren bis zum Jahre 2020 erreicht. Außer dem Oberbürgermeister von Leipzig wird dann keiner mehr von uns im Amt sein; in welchem Amt Sie dann auch immer sein werden, Herr Oberbürgermeister.

Regionale Identität ist kein Widerspruch zu einer globalisierten Entwicklung. Das ist auch ein wichtiger Punkt, den man herausstreichen muss, gerade wenn so viel und zu Recht über Globalisierung geredet wird. Regionale Identität ist in einer globalisierten Wirtschaft völlig unverzichtbar. Jedoch verlangt die starke Exportorientierung der deutschen Wirtschaft mehr als regionale Identität. Sie verlangt vor allem auch Weltoffenheit.

In der Region Halle-Leipzig ist beides vorhanden. Regionales Selbstbewusstsein einerseits und Internationalität andererseits. Diese Internationalität ist nicht nur durch die Anwesenheit von Herrn Groot garantiert. Das ist auch bei dieser Zukunftskonferenz ein wichtiger Aspekt und sicher hier zu spüren. Deshalb habe ich nicht erst seit heute den Eindruck, dass diese Region auf einem wirklich guten Weg ist. Zusammenkünfte wie diese zeigen auch die Fähigkeit, sich bei aller Unterschiedlichkeit in der einen oder anderen Frage zusammenzutun, um der wirtschaftlichen Entwicklung in dieser Region Impulse zu geben.

Das ist es, was neben jenen Rahmenbedingungen, über die in meiner Abwesenheit bereits geredet worden ist, die Stärke einer Region ausmacht. Das ist der Grund dafür, warum ich mich wirklich sehr über Konferenzen wie diese freue. Nicht zuletzt ist es der Grund dafür, warum ich Ihnen allen nicht nur auf dieser Konferenz, sondern auch in ihrer Arbeit für die Region von Herzen viel Erfolg wünsche.