Redner(in): k.A.
Datum: 18.12.2001
Untertitel: "Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein durch nichts zu rechtfertigendes Verbrechen gegen die Menschlichkeit, weil es den Kindern ihre Würde, ihre Kindheit raubt."
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/89/65589/multi.htm
Anrede,
wir alle stehen in der Verantwortung, unsere Kinder zu schützen, ihre Entwicklung zu fördern und sie zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu erziehen. Sexueller Missbrauch von Kindern ist ein durch nichts zu rechtfertigendes Verbrechen gegen die Menschlichkeit, weil es den Kindern ihre Würde, ihre Kindheit raubt.
Weltweit werden Millionen von Kindern Opfer sexueller Gewalt und Ausbeutung. Schätzungen gehen davon aus, dass jährlich mehr als 2 Millionen Mädchen und Jungen in die Prostitution gezwungen werden. Das ist ein Zustand, der unerträglich ist. Unsere Gesellschaften müssen offene Augen und offene Ohren für die oft verborgenen Nöte unserer Kinder und Jugendlichen haben. Unser Ziel muss es sein, Kinder stark zu machen. Denn selbstbewusste Kinder werden seltener Opfer von Übergriffen durch Erwachsene.
In Deutschland haben wir aus diesem Grund das "Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung" verabschiedet. Das Gesetz stellt unmissverständlich fest: "Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig." Mit einer Kampagne unter dem Titel "Mehr Respekt vor Kindern" werben wir für ein neues Erziehungsleitbild in unserem Land. Erste Untersuchungen belegen den Erfolg.
Seit Stockholm 1996 sind wir ein gutes Stück zum Schutz der Kinder vorangekommen. Wir haben wichtige internationale Übereinkommen zum Kinderschutz wie
das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, Kinderprostitution und Kinderpornografie, das Übereinkommen Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit oderdas Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität. In Deutschland arbeiten wir seit 1997 auf der Basis eines nationalen Arbeitsprogramms zum Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch mit den NGOs zusammen. Dabei ist die Prävention von sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Wir wissen, dass in Deutschland etwa ein Drittel aller Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von jugendlichen Tätern verübt wird. Für sie ist Sexualität ein Weg, zu verletzen, zu erniedrigen, zu bestrafen, um sich selbst mächtig zu fühlen. Gerade auf diese Tätergruppe richten wir mit spezifischen Präventionsmaßnahmen unser Augenmerk. Damit daraus keine langfristigen Täterkarrieren werden, müssen wir frühzeitig handeln und mit gewaltpräventiven Maßnahmen und einer geschlechtsspezifischen Täterprävention gegensteuern.
Meine Sorge gilt ganz besonders der rasant wachsenden Zahl von kinderpornographischen Angeboten im Internet. Wir müssen diesen abscheulichen Handel gemeinsam noch entschiedener als bisher bekämpfen, weil mit der steigenden Nachfrage nach Kinderpornographie auch der sexuelle Missbrauch von Kindern steigt. Neben einer stärkeren Verantwortung der Internetindustrie brauchen wir wirksame strafrechtliche Sanktionen.
Mit dem am 23. November 2001 gezeichneten Übereinkommen des Europarats über Datennetzkriminalität haben wir erstmals ein internationales Übereinkommen zum Schutz der Gesellschaft vor Datennetzkriminalität. Gemeinsame strafrechtliche Mindeststandards und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit sind notwendig, um wirksamer gegen Kinderpornographie im Internet vorzugehen. Ich appelliere an Sie, dieses Übereinkommen auch in anderen Regionen abzuschließen und auf allen Ebenen umzusetzen.
Mit dem weltweiten Kinderhandel lässt sich viel Geld verdienen. Wir müssen an einem Strang ziehen für eine effektive Verbrechensbekämpfung und Täterverfolgung. Wir müssen aber auch die Opfer besonders schützen: gehandelte Kinder brauchen Hilfe bei der Wiedereingliederung in ihre Heimat, in ihre Familien, sie brauchen medizinische und therapeutische Unterstützung. Ich fordere alle Staaten auf, die UN-Kinderrechts-Konvention umzusetzen, dem UN-Abkommen zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, beizutreten und auch dieses umzusetzen. Wir müssen Kinder als eigenständige Persönlichkeiten ernst nehmen, ihnen Raum zur Mitsprache und Mitentscheidung einräumen und sie in ihrer Entwicklung in allen Lebensbereichen fördern. Das heißt auch, dass wir Kinder in die Entwicklung von geeigneten Präventionsmaßnahmen zum Schutz vor sexueller Ausbeutung aktiv mit einbeziehen müssen. Deshalb begrüße ich es sehr, dass Kinder am 2. Weltkongress aktiv mitwirken: mit ihrem eigenen Jugendkongress in Kawasaki und hier in Yokohama.
Lassen Sie uns gemeinsam handeln. Die sexuelle Ausbeutung von Kindern muss weltweit unnachgiebig bekämpft werden. Für Täter darf es keine sicheren Häfen geben. Von unserer Konferenz muss ein Signal ausgehen, damit die seit Stockholm erreichten Fortschritte in internationalen Übereinkommen zum Kinderschutz, auf die auch das Abschlussdokument bezug nimmt, endlich umgesetzt und mit Leben erfüllt werden. Lassen Sie uns gemeinsam für eine Welt kämpfen, in der Kinder in Frieden und ohne Gewalt aufwachsen.
Vielen Dank