Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 14.04.2002
Untertitel: Wir haben, insbesondere wenn wir in den Nahen Osten schauen, Grund zur Sorge. Aber unabhängig davon bin ich voller Hoffnung.
Anrede: Sehr geehrte Herren Ministerpräsidenten, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Präsident, Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/93/76093/multi.htm
Es gibt keinen Zweifel: Wenn wir in den Nahen Osten schauen, haben wir Grund zur Sorge. Aber ich bin auch voller Hoffnung. Diese Hoffnung gründet sich auf eine Erfahrung, die wir gerade im letzten Jahr gemacht haben, dass Entschlossenheit die Grundlage zur Lösung auch kompliziertester Probleme ist. Ich denke, wer sich gegenwärtig die weltpolitische und weltwirtschaftliche Situation vor Augen führt, hat Grund, mit Entschlossenheit an der Lösung komplizierter Probleme zu arbeiten.
Wie stellt sich die Situation nach der Bewertung der Bundesregierung, nach meiner Bewertung dar? In den Vereinigten Staaten gibt es zumal mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung ohne jeden Zweifel Grund zur Hoffnung. Das Vertrauen der Konsumenten wie der Investoren wächst. Aufschwungtendenzen sind spürbar. Das setzt sich in eine positive Stimmung um, die aus Vertrauen rührt.
Doch auch andere Teile der Welt sollte man im Blick haben. Herr von Pierer hat, wie ich finde, völlig zu Recht über Asien und speziell über China gesprochen. Natürlich hat die wirtschaftliche Entwicklung dort in den Gesprächen mit dem chinesischen Staatspräsidenten eine Rolle gespielt. Ich stimme ausdrücklich zu, dass die Zeichen, die gesetzt worden sind, deutlich machen: Deutschland ist für China in Europa ein Partner besonderer Güte. Da liegen enorme Chancen. Politik und Wirtschaft in Deutschland werden diese Chancen nutzen. Dessen können Sie sicher sein.
China - das muss man vielleicht hinzufügen - ist ein Land, dessen Gesellschaftsordnung keineswegs unseren Vorstellungen entspricht. Das wird in den Gesprächen miteinander auch immer wieder deutlich - übrigens nicht ritualisiert, sondern auf der Basis von Vertrauen. Gleichwohl - so sehr man an grundsätzlichen und einzelnen Maßnahmen Kritik üben muss und das auch macht - ist China in den vergangenen wirtschaftlichen Turbulenzen im asiatisch-pazifischen Raum ein Faktor der Stabilität gewesen. Ein Faktor, der dazu beigetragen hat, dass die politischen und ökonomischen Schwierigkeiten, die auch in Katastrophen hätten enden können - mit allen Folgen, die das für die deutsche und die Weltwirtschaft insgesamt gehabt hätte - eben nicht eintraten, sondern partiell überwunden sind.
Allerdings sind die Hoffnungen, die ich auf die neue Regierung Japans - der mit Abstand stärksten Volkswirtschaft des Raumes - gesetzt habe, noch nicht so erfüllt worden, wie wir uns das gewünscht haben.
Am Dienstag und Mittwoch der vergangenen Woche war der russische Präsident in Deutschland, und wir haben unsere sehr intensive ökonomische und politische Zusammenarbeit bestätigt und vertieft. Die Situation in Russland, das gewiss noch nicht die ökonomische Bedeutung für Deutschland hat, wie das für andere Teile der Welt gilt, gibt wirklich Anlass zur Hoffnung.
Was in den letzten zwei Jahren zum Beispiel mit der Boden- und Steuerreform oder auf dem Gebiet der Zollpolitik geschehen ist, hat Räume für internationale Investoren, zumal für deutsche geschaffen, und diese Räume werden auch genutzt. Allein in diesem Jahr wird sich der Handel mit Russland, wenn auch von einem noch immer zu niedrigen Niveau ausgehend, um 50 Prozent steigern. Das ist nicht unerheblich, vor allem angesichts der besonders ausgeprägten Exportorientierung unserer Volkswirtschaft, an der übrigens die mittelständische Wirtschaft vollen Anteil hat. Und zwar nicht nur durch viele direkte Außenhandelskontakte, sondern auch durch die starke gegenseitige Verflechtung von Mittelständlern und Großbetrieben - mir ist da das eine oder andere noch vor Augen. Deshalb ist es wenig vernünftig - da gebe ich Herrn von Pierer völlig Recht - , kleine gegen große Unternehmen auszuspielen.
Ich finde, dass diese weltwirtschaftlichen Entwicklungen Anlass zu Hoffnung geben. Wenn man sich einmal alle drei Weltgegenden zusammen ansieht, bestätigt sich, wovon ich auf der CeBIT gesprochen habe, und was der Präsident des BDI, Herr Rogowski, heute Abend an den Anfang seiner Rede gestellt hat. Ich nehme an, das war auch kein Zufall. Aus seinem Mund haben wir die deutliche Aussage gehört, dass die Talsohle einer schlechten wirtschaftlichen Entwicklung - die wir unbestritten gehabt haben - überwunden ist, und es in Europa, in der Welt und auch auf dem deutschen Markt wieder aufwärts geht.
Ich finde, dass man diese Tendenz, und zwar völlig unabhängig von politischen Erwägungen, verstärken muss, auch wenn bei manchem die Versuchung groß ist, aus vordergründigen Motiven das Gegenteil zu tun.
Ich habe über eine Sorge mit politischer, aber auch ökonomischer Dimension gesprochen, die uns alle umtreibt: Das ist der Nahe Osten. Ich glaube, diese Frage und die damit einhergehende Gewalt auf beiden Seiten ist etwas, das gerade ein internationales Publikum beschäftigt. Die Forderung nach Deeskalation, die von den Vereinten Nationen mehrfach einstimmig beschlossen worden ist - anders geht es nicht im Weltsicherheitsrat - , die Forderung, mit dem Terror auf der einen und den militärischen Maßnahmen auf der andere Seite aufzuhören, werden sich hier alle zu eigen machen.
Nach meinem Eindruck ist richtig, was der Generalsekretär der Vereinten Nationen gesagt hat, auch wenn andere in Frankreich, England und Deutschland dafür kritisiert worden sind, nämlich dass die Streitparteien aus sich selbst heraus den Ausweg, die politische Lösung wohl nicht mehr finden. Deswegen war es gut und wichtig, dass sich die weltpolitisch handelnden Akteure in Madrid getroffen und Colin Powell zwar nicht mit einem Mandat - das braucht der amerikanische Außenminister nicht - , aber mit Unterstützung ausgestattet haben.
Die weltpolitischen Akteure sind in erster Linie die Vereinigten Staaten von Amerika, aber auch die Vereinten Nationen. Der dritte Akteur ist die Europäische Union. Ich werde in einem anderen Zusammenhang darauf noch zurückkommen. Und es ist - und das ist gut so - Russland. Wobei - dies will ich in diesem Zusammenhang unterstreichen - auch die Renaissance, die die Vereinten Nationen in der Weltpolitik bei Konfliktlösungen gegenwärtig unter der eminent klugen Führung des jetzigen Generalsekretärs erleben, für mich ein Zeichen der Hoffnung ist.
Alle vier ziehen an einem Strang, wenn es um das Erreichen einer politischen Lösung für den Nahen Osten geht. Sie müssen dazu gebracht werden, beisammen zu bleiben, wenn es um die Implementierung einer solchen Lösung geht, die schwierig genug wird. Dabei wissen die Deutschen sehr wohl, dass es eine besondere historische Beziehung zwischen Israel und Deutschland gibt und worauf sie beruht. Sie wissen ebenso, dass es auch Folgen hat für das, was man kann oder nicht kann. Aber in einem herrscht Klarheit: Das eindeutige Ziel muss ein Israel in wirklich gesicherten Grenzen sein, unbehelligt vom Terrorismus. Gesicherte Grenzen heißt, dass diese von den arabischen Nachbarn ohne jede Einschränkung akzeptiert werden müssen. Auf der anderen Seite muss das Ziel ein palästinensischer Staat sein, in dem dieses Volk zur Selbstbestimmung befähigt und diese ihm auch ermöglicht wird.
Ich denke, dieses politische Ziel und das, was der amerikanische Außenminister jetzt versucht zu unterstützen, ist ehrenwert und verstärkt die Zeichen der Hoffnung, von denen ich in der Weltpolitik, aber auch in der Weltwirtschaft gesprochen habe. Ich glaube, es ist eigentlich unnötig, vor diesem Kreis darauf hinzuweisen: Wenn dieser Konflikt eskaliert, unkontrollierbar wird, hätte das nicht nur enorme politische, sondern auch erhebliche ökonomische Auswirkungen.
Ich muss in diesem Zusammenhang nicht über die energiepolitische Bedeutung dieser Region für das Funktionieren der Weltwirtschaft reden. Insofern ist das nicht irgendwo "weit drunten" - um wenigstens anzudeuten, dass auch ich große Dichter und Philosophen kenne - , sondern es ist im ureigenen nationalen und europäischen Interesse, diesen Konflikt zu lösen.
Ich hatte gesagt: Es gibt Zeichen der Hoffnung. Diese kommen auch aus Europa und beziehen sich auf das, was Herr von Pierer als europäisches Selbstbewusstsein eingefordert hat. Er hat darauf hingewiesen, dass dieses Selbstbewusstsein nur entwickelt werden kann, wenn man es auch politisch fundiert. Wir haben zwei Dinge zu machen, die miteinander zusammenhängen: In den nächsten Jahren - so haben wir es beschlossen und uns vorgenommen - müssen wir die Osterweiterung schaffen.
Gleichzeitig und parallel dazu müssen wir die jetzigen EU-Beziehungen vertiefen. Das heißt nicht nur einfach sinnvolle Zuordnung der Kompetenzen auf die Institutionen - also Kommission, Parlament und Rat - , sondern Vertiefung heißt vor allem, Effizienz zu erhöhen und über Inhalte zu reden. Ziel ist, Europa, wenn es zunächst auf 25 Mitgliedsländer erweitert ist - irgendwann werden auch Bulgarien und Rumänien dazu kommen, dann sind es 27 Staaten - , politisch führbar zu halten. Denn wenn Europa die Rolle spielen soll, die wir ihm alle zuweisen und wozu es die Kraft hat, bedarf es der Regelung dieser Fragen und insbesondere einer effizienten politischen Führung. Diese muss dann auch durch die institutionellen Reformen ermöglicht werden, für die der Konvent seine Vorarbeiten macht.
Wenn ich sage, über Inhalte reden, dann heißt das zum Beispiel, mit einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik Ernst zu machen. Dann und nur dann werden wir bei der Lösung von Konflikten, etwa im Nahen Osten oder auch in Afghanistan, ernster in der Welt genommen werden. Es macht ja wenig Sinn, sich darüber zu verbreiten, dass die Vereinigten Staaten angeblich oder tatsächlich dieses Europa nicht so respektieren, wie es das gerne hätte oder es verdient. Wenn das zumindest in einigen Punkten so ist, dann hat es doch damit zu tun, dass es in diesen und anderen Fragen nicht zu viel Amerika, sondern zu wenig Europa gibt.
Über Europa als Markt, als Ort ökonomischer Interaktion muss ich nicht reden. Aber ich finde, zu dem Selbstbewusstsein, von dem die Rede war, gehört auch, dass sich das nicht auf die reine Ökonomie beschränkt. Denn das, was für das Innere der Unternehmen und deren Erfolgsträchtigkeit gilt, trifft auch für Volkswirtschaften und dieses Europa zu. Sowohl die kulturelle als auch die soziale Dimension dürfen nicht verschwinden. Das ist gerade in diesem Zusammenhang deutlich zu machen. Denn alles drei zusammen - ökonomische Effizienz, soziale Sensibilität und kulturelle Vielfalt - machen die spezifische Stärke dieses Europa aus, mit der es sich dann in Konkurrenz der Länder oder der Regionen auch behaupten kann.
Wie sieht die spezifische oder die neue Rolle Deutschlands in diesem Prozess aus? Vereinfacht ausgedrückt: Die Rolle ist, sich selbstbewusst, aber nicht überheblich einzubringen. Das haben wir getan. Wir haben das bei der Neudefinition unserer Außen- und Sicherheitspolitik getan. Jeder hier im Saal weiß, dass aus Gründen, die nachvollziehbar waren und die etwas mit unserer Geschichte in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts zu tun haben, Deutschland außerordentlich zurückhaltend war und es im Grunde tabuisiert hatte, in internationalen Konflikten und bei deren Lösungen nicht nur politisch und materiell, sondern auch militärisch beteiligt zu sein.
Wir hatten den Hinweis auf unsere Geschichte und auf unsere Teilung. Letztere haben wir Gott sei Dank nicht mehr. Der Hinweis auf die Geschichte wird deswegen von unseren Partnern auch so nicht mehr akzeptiert. Deutschland hat sich also in eine Strategie der westlichen Welt zur Konfliktlösung, etwa nach dem 11. September, einzubringen, die sich auf der Basis von Gleichheit und Gleichberechtigung zu vollziehen hat. Aber das heißt dann nicht nur gleiche Rechte, sondern auch gleiche Pflichten.
Diese Neudefinition der Außen- und Sicherheitspolitik haben wir geleistet. Das will ich in dem Zusammenhang ausdrücklich sagen, weil auch von Leistung und Nichtleistung der Bundesregierung - und zwar sehr fair - die Rede war. Ich hoffe, das Lob bringt Sie nicht in Schwierigkeiten, Herr Rogowski.
Die Umorientierung war nicht einfach. Die hierfür erforderlichen Veränderungen - mit dem Kosovo musste sozusagen der Tabubruch geleistet werden - in den ökonomischen, kulturellen, politischen und auch in den journalistischen Eliten waren keineswegs so weit fortgeschritten, dass die Neuorientierung überall als Notwendigkeit begriffen worden wäre. Es gibt immer noch Diskussionsbedarf. Übrigens ist das nicht schlecht, gerade für Deutschland. Denn Zeiten, in denen ein Regierungschef die Beteiligung an einem Krieg sorgfältig begründen muss, sind besser als Zeiten, in denen er das nicht muss. Auch solche Zeiten hatten wir leider schon.
Darüber hinaus haben wir einen umfassenden ökonomischen Reformprozess eingeleitet. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Wäre er es, bräuchten wir uns nicht um die Wiederwahl zu bemühen. Wir hatten Deutschlands wirtschaftliche Basis - über einige Punkte ist geredet worden, etwa über Steuern und Sozialversicherungssysteme - auf die Globalisierung einzurichten und entsprechend zu verändern. Natürlich sind wir mit diesem Prozess nicht fertig. Wie sollte das innerhalb von dreieinhalb Jahren gehen? Wie sollte das gehen vor dem Hintergrund einer Bevölkerung, die sehr wohl etwas zu verlieren hat? Vielleicht haben zum ersten Mal in der deutschen Geschichte breite Schichten richtig etwas zu verlieren? Deswegen muss man Vorhaben sorgfältig begründen und viele Menschen auf den Weg der Reformen mitnehmen.
Sie, Herr Rogowski, haben anerkannt, dass wir die Unternehmensteuerreform umgesetzt haben. Hinzufügen muss man: Für die Nachfrageseite gilt das ebenso. Sie haben konzediert, dass mit der Rentenreform, mit der Ergänzung der umlagefinanzierten Rente durch eine kapitalgedeckte Zusatzversorgung ein wichtiger Schritt getan wurde.
Ich fand es gut, dass Sie beim Arbeitsmarkt gesagt haben: Wir akzeptieren den Grundsatz "Beschäftigte brauchen ein Stück Sicherheit, und ihre Familien brauchen das auch. Aber es braucht auch Flexibilität". Man wird immer wieder darüber streiten müssen, wie das zum Ausgleich gebracht wird. Durch die von uns eingeleiteten Reformen bei der Bundesanstalt für Arbeit wollen wir das umsetzen. Wir wollen Anreize zum Arbeiten verstärken und die Vermittlung verbessern.
Wir müssen darüber hinaus im Bereich der Gesundheit Reformen nachliefern. Hier besteht - das ist gar keine Frage - Handlungsbedarf, selbst wenn wir bereits begonnen haben. Nach meiner Auffassung geht es dabei nicht darum, mit einem System zu brechen, das es auch den Menschen, die weniger verdienen als der Kreis derer - mich eingeschlossen - , die hier zusammen sind, ermöglicht, zur Herstellung ihrer Gesundheit über die Solidargemeinschaft die Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, die sie brauchen. Wenn es darüber hinaus um das eigene Wohlbefinden geht, dann muss jeder selbst dafür eintreten. Aber dieses Prinzip, das nicht mehr in allen europäischen Ländern gilt, dass das, was man zur Wiederherstellung der Gesundheit nach einer Krankheit benötigt, von der Solidargemeinschaft, unabhängig vom persönlichen Einkommen, zur Verfügung gestellt bekommt, will ich nicht aufgeben, und darum werde ich auch kämpfen.
Darüber hinaus geht es in diesem Bereich um Effizienzgewinne. Übrigens: Wenn Sie sich dabei die einzelnen Leistungsanbieter vornehmen, dann erhalten sie die gleiche Reaktion wie beim Abbau von Subventionen, die Sie, Herr Präsident Rogowski, angesprochen haben. Die generelle Forderung wird von jedem unterschrieben, aber wenn er selber dran ist, dann sieht das Bild anders aus. Die Schwierigkeit von Politik ist es, beide Enden wieder zusammenzubringen.
Die Bundesregierung hat - ich will dies zum Schluss nennen - Deutschland im Bereich der Bildung, soweit sie im Rahmen der föderalen Aufgabenteilung dafür zuständig ist, neu positioniert. Wir haben einen strikten Konsolidierungskurs durchgehalten und gleichzeitig den Bundeshaushalt für Forschung und Entwicklung kontinuierlich gesteigert. Die Steigerung beträgt mehr als 20 Prozent. Das hat übrigens dazu geführt, dass wir bei den großen europäischen Ländern an der Spitze sind. Sie haben aber trotzdem Recht: Vor allem die Skandinavier sind in diesem Bereich außerordentlich gut. Daran kann man sich ein Beispiel nehmen. Auch insofern belebt Konkurrenz das Geschäft.
Wenn ich über internationale Wettbewerbsfähigkeit rede, dann muss ich auch sagen: Das, was hier eingefordert wurde - die Regelung der Zuwanderung, die wir im Bundestag beschlossen haben - , müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Der Respekt vor dem Bundespräsidenten gebietet es, damit keinerlei Forderungen an ihn zu verbinden. Mir liegt daran, dass eines deutlich wird: Dieses Gesetz verschafft Deutschland mehr Internationalität, und zwar in Bereichen, in denen wir sie brauchen. Es geht nicht nur darum, dass man in Konkurrenz zu einem anderen Land jemanden haben will, der einfach Spitze ist. Das ist zwar auch der Fall. Aber es geht vor allem darum, dass unsere Bürger mit einem anderen Verständnis, auch mit einer anderen Kultur und einer anderen Art, Wissenschaft zu betreiben, in Verbindung gebracht und dadurch besser werden. Das meint wohl das, Herr von Pierer, was Sie mit einer spezifischen Kultur eines global tätigen Unternehmens beschrieben haben. Was für Unternehmen gilt, gilt natürlich auch für die Volkswirtschaft insgesamt. Diese Chance wollte ich nutzen. Wir werden sehen, ob dies gelingt.
Ich habe bewusst vermieden, hier die Einzelheiten der Sozial- und Steuerpolitik in Deutschland darzustellen. Angesichts dessen, dass von den 1.500 Frauen und Männern, die heute Abend hier sind, ein Drittel ausländische Gäste sind, lag mir daran, deutlich zu machen, wie sich unser Land in einer sich globalisierenden Welt neu positioniert. Dabei wollte ich natürlich auch die Schwierigkeiten beschreiben, die damit verbunden sind - nicht zuletzt, damit Sie die Verdienste auch richtig einschätzen können.
Ich hoffe, es ist mir gelungen, Ihnen aufzuzeigen, weshalb wir bestimmte politische Entscheidungen getroffen haben und der Meinung sind - angesichts der Tatsache, dass in der Tat alles seine Zeit braucht - , dass diese Linien der Positionierung Deutschlands in der internationalen Staatengemeinschaft, in der Außen- und Sicherheitspolitik, in der Wirtschaftspolitik, aber auch bei der Frage der Einbindung Deutschlands in den sich verstärkenden internationalen Austausch fortgeschrieben werden müssen. Deshalb sind wir der Auffassung, dass sich der Einsatz und die Arbeit dafür lohnt.
Weil das so ist, eröffne ich jetzt erst einmal die Hannover-Messe 2002.