Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 02.09.2002
Untertitel: Schröder: "Die weltweite Zunahme extremer Wetterereignisse zeigt ganz klar: Der Klimawandel ist keine skeptische Prognose mehr - sondern bittere Realität. Diese Herausforderung verlangt ein entschiedenes Handeln."
Anrede: Herr Präsident, sehr verehrten Damen und Herren!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/66/435866/multi.htm
Die weltweite Zunahme extremer Wetterereignisse zeigt eines ganz klar: Der Klimawandel ist keine skeptische Prognose mehr - er ist bittere Realität, weltweit, in allen Kontinenten, in sehr vielen Ländern.
Diese Herausforderung verlangt von uns entschiedenes Handeln. Es geht um unsere natürlichen Lebensbedingungen und damit um die Zukunft unserer Kinder. Daher sollte diese Konferenz die Staaten, und zwar alle Staaten, auffordern, das Kyoto-Protokoll so schnell wie möglich zu ratifizieren, damit es noch in diesem Jahr in Kraft treten kann.
Insbesondere die hoch industrialisierten und reichen Länder dieser Welt haben eine besondere Verantwortung für die Ratifizierung dieses Protokolls. An diejenigen, die das nicht tun, muss man appellieren, zumindest einen gleichwertigen Beitrag zur Verminderung der Treibhausgase zu leisten. Der Schlüssel für einen wirksamen Klimaschutz wie für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung liegt zweifellos in einer nachhaltigen Energieversorgung. Ich denke, wir alle erwarten, dass wir auf diesem Gebiet in Johannesburg konkrete Ziele und konkrete Schritte miteinander vereinbaren können.
Nur als Beispiel: In Deutschland haben wir den CO²-Ausstoß bereits um 19 Prozent senken können. Mit einer effizienten Nutzung der Energie und einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien haben wir die Weichen für eine vernünftige Energiezukunft gestellt.
International wollen und werden wir drei Initiativen ergreifen:
Erstens: Ich werde zu einer internationalen Konferenz über erneuerbare Energien und Energieträger nach Deutschland einladen. Wir wollen damit im Energiebereich an das anknüpfen, was wir alle Ende letzten Jahres mit der Bonner Wasserkonferenz erreicht haben.
Zweitens: Deutschland wird sich an dem gestern beschlossenen weltweiten Netzwerk der Energieagenturen beteiligen.
Drittens: Deutschland wird die im Energiebereich schon erfolgreiche Zusammenarbeit insbesondere mit den Entwicklungsländern zu einer wirklich strategischen Partnerschaft ausbauen.
Diese Zusammenarbeit bei den erneuerbaren Energien wird Deutschland in den nächsten fünf Jahren mit 500 Millionen Euro fördern. Weitere 500 Millionen Euro wird Deutschland für die Steigerung der Energieeffizienz in dieser Zusammenarbeit zur Verfügung stellen.
Umwelt und Entwicklung, das war das Versprechen von Rio 1992. Ohne eine erfolgreiche Armutsbekämpfung wird es keine globale ökologische Rettung, aber auch keinen dauerhaften Frieden geben. Für die weltweite Bekämpfung der Armut werden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die öffentliche Hilfe von jetzt 26 Milliarden Euro auf voraussichtlich 35 Milliarden Euro im Jahre 2006 steigern. Deutschland wird seinen Beitrag daran leisten.
Ausdrücklich begrüßen möchte ich die Eigeninitiative afrikanischer Staaten im Rahmen von NEPAD. Mindestens so wichtig wie Finanzmittel ist der freie und ungehinderte Zugang der Entwicklungsländer zu den Weltmärkten. Dazu gehört ausdrücklich auch der Abbau von marktverzerrenden Subventionen im Agrarbereich.
Die Beschlüsse von Johannesburg sollen dazu beitragen, dass wir der wirtschaftlichen Globalisierung eine Richtung geben, die eine nachhaltige Entwicklung fördert. Aber es geht auch um ganz elementare Dinge wie den Zugang der Menschen zu sauberem Trinkwasser. Wir dürfen - das muss auch das Signal von dieser Konferenz sein - die Hoffnungen der Menschen in aller Welt nicht enttäuschen. Sie erwarten von uns spürbare und für sie nachvollziehbare Fortschritte.
Ich denke, das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen müssen und werden.