Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 05.09.2002

Untertitel: Als eine unabhängige Instanz - vergleichbar einem Ombudsmann - wird das Kuratorium als Ansprechpartner für die vom Hochwasser Betroffenen zur Verfügung zu stehen.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/73/436873/multi.htm


Nachdem die Soforthilfen zu großen Teilen an die Betroffenen in den Hochwassergebieten ausgezahlt sind, haben in dieser Woche die mittel- und langfristigen Hilfsmaßnahmen begonnen.

Ich bin überzeugt, dass alle - die Bundes- und Landesinstitutionen und allen voran die Gemeinden - den festen Willen zu umfangreicher, schneller und unbürokratischer Hilfe haben.

Aber die Erfahrung lehrt auch, dass es bei der ungeheuer großen Zahl der einzelnen Schadensfälle und bei dem Tempo, das wir im Interesse der Menschen vorlegen müssen, immer wieder Entscheidungen geben wird, die von den Betroffenen als ungerecht empfunden werden.

Hier setzt für mich die Aufgabe des Kuratoriums Fluthilfe ein: Als eine unabhängige Instanz - vergleichbar einem Ombudsmann - wird das Kuratorium als Ansprechpartner für die vom Hochwasser Betroffenen zur Verfügung zu stehen.

Das Kuratorium hat die Aufgabe, sich der Hilfeersuchen der Menschen anzunehmen.

Wie das konkret aussehen kann, will ich beispielhaft illustrieren:

Häufig wird es so sein, dass eine Ermessens- oder eine Prioritätsentscheidung vor Ort als ungerecht empfunden wird. Hier nimmt die Kommission direkt Kontakt mit den zuständigen Stellen auf, um den Sachverhalt aufzuklären und die Ermessensentscheidung überprüfen zu lassen. Damit dort, wo eine andere Entscheidung in der Sache möglich und sachgerecht ist, Abhilfe geschaffen werden kann. Möglicherweise hat aber das Problem, das der Betroffene schildert, seine Ursache in einer Lücke oder in der Ungleichgewichtigkeit einer bestehenden Regelung, die jetzt, im Vollzug, deutlich wird. Hält das Kuratorium diese Sorge für nachvollziehbar, nimmt es Kontakt auf mit der Behörde, die die Regelung erlassen hat und wird eine Empfehlung geben, gegebenenfalls eine Neujustierung vorschlagen, um dem Betreffenden zu helfen. Und schließlich, in den immer wieder auftretenden, besonderen Fällen, an die keiner gedacht hat und denken konnte und in denen nichts anderes mehr hilft als schnelle, unmittelbare Unterstützung, werden wir die Kommission in den Stand setzen, diese Hilfe von sich aus leisten zu können ( "Nothilfetopf" ) . Folgende Persönlichkeiten habe ich in dieses Kuratorium berufen:

Es sind dies neben dem Altbundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker die beiden früheren Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Manfred Stolpe und Prof. Dr. Kurt Biedenkopf, die frühere niedersächsische Finanzministerin und Präsidentin der Treuhandanstalt, Frau Dr. Birgit Breuel, der frühere Bischof in Hannover und Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch Lutherischen Kirchen Deutschlands, Dr. Horst Hirschler, die Direktorin des MDR-Landesfunkhauses in Sachsen-Anhalt, Frau Elke Lüdecke und schließlich Domprediger Giselher Quast aus Magdeburg.

Sie alle verbindet eines: Dank ihrer persönlichen Autorität, ihres hohen Ansehens und ihrer Lebens- und Berufserfahrung, die sie in vielen gesellschaftspolitischen Bereichen und die meisten von ihnen im besonders betroffenen Osten unseres Landes erworben haben, bieten sie die Gewähr dafür, dass ihr Urteil ernst genommen und ihr Ratschlag gehört werden wird.

Weil dies so ist, habe ich an das Kuratorium noch eine weitere Bitte gerichtet: Es soll Kontakte knüpfen zwischen den Dachorganisationen von hochwassergeschädigten sozialen und gesellschaftlichen Einrichtungen und solchen zivilgesellschaftlich engagierten Verbänden und Körperschaften, die sich der wichtigen Arbeit, die in den geschädigten Einrichtungen gemacht wird, in besonderer Weise verbunden fühlen.

Ziel dieser Gespräche sollte nach meiner Vorstellung sein,"Solidaritätspakte" anzubahnen, innerhalb derer die hilfswilligen Starken sagen: Wir übernehmen eine Verantwortung, eine Patenschaft, für eine bestimmte Gruppe betroffener Einrichtungen.

Damit das Kuratorium im Tagesgeschäft diese schwierige Aufgabe auch bewältigen kann, wird ihm eine Geschäftsstelle zugeordnet.

Diese wird, damit sie effektiv und reibungsfrei zuarbeiten kann, im Bundesinnenministerium bei dem Frau Staatssekretärin Zypries unterstellten Koordinationsstab "Hochwasser" angesiedelt sein.