Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 16.04.2003

Untertitel: Anläßlich der Unterzeichnung der EU-Beitrittsverträge am 16. April 2003 sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder: "Wir haben die einmalige Chance, unser Europa zu einem Kontinent dauerhaften Friedens und dauerhaften Wohlergehens seiner Menschen zu machen. Ich denke, für diese historische Möglichkeit und für die Chance, daran mitwirken zu können, können wir alle nur dankbar sein."
Anrede: Herr Vorsitzender, verehrte Damen und Herren Staatspräsidenten, verehrte, liebe Kollegen!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/52/496552/multi.htm


Ich bin Regierungschef eines Landes, das den 2. Weltkrieg begonnen hat und damit die tieferen Ursachen fur die Teilung Europas gesetzt hat. Es ist aber auch ein Land, das unter den Folgen des Krieges besonders gelitten hat, weil es selbst geteilt worden ist. Vielleicht versteht man in besonderer Weise, dass wir, die Deutschen, uns sehr, sehr darüber freuen, dass nach der Überwindung der Teilung Deutschlands jetzt auch die Teilung Europas - und zwar endgültig - überwunden ist.

Wir haben die einmalige Chance, unser Europa zu einem Kontinent dauerhaften Friedens und dauerhaften Wohlergehens seiner Menschen zu machen. Ich denke, für diese historische Möglichkeit und für die Chance, daran mitwirken zu können, können wir alle nur dankbar sein. Ich bin es jedenfalls.

Europa ist für Deutschland und die Deutschen weit mehr als ein Markt; es ist allemal auch ein Ort sozialer und kultureller Interaktion, und genau das muss unsere gemeinsame Zukunft bestimmen."Ort sozialer Interaktion" heißt, dass wir ein Europa bauen, in dem die Teilhabe aller Menschen am erarbeiteten Wohlstand mehr und mehr eine Selbstverständlichkeit wird, und "Ort gemeinsamer kultureller Interaktion" heißt, dass wir uns immer präsent sein lassen, dass die kulturelle Vielfalt eine riesige Chance für diesen Kontinent ist und nicht etwa das Gegenteil.

Ich denke, es kommt hinzu, dass wir nach so vielen Jahrhunderten auch blutiger Geschichte gelernt haben, unseren Beitrag dazu zu leisten, dass die Konflikte in der Welt, so weit irgend möglich, ausschließlich mit friedlichen Mitteln gelöst werden. Vielleicht ist das die Erfahrung, die Europa in besonderer Weise in die internationale Politik einbringen kann und - ich bin dessen sicher - einbringen wird.

Für uns alle, für Deutschland, ist das ein in der Tat historischer Tag, und dass er hier, an der Wiege der Demokratie, stattfindet, wird, glaube ich, der Bedeutung dieses Anlasses gerecht. Vielen Dank.