Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 29.06.2003

Untertitel: "Wir wissen: Von uns wird erwartet, dass wir ein klares Signal aussenden. Dass wir den Menschen sagen, wo wir im Rahmen der Agenda 2010 unter den gegenwärtigen Bedingungen die Schwerpunkte setzen wollen. Das Signal, das von diesem Wochenende ausgehen sollte, ist eines für Stabilität und Wachstum in Deutschland."
Anrede: Meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/78/496878/multi.htm


das Kabinett hat ein erfolgreiches Klausur-Wochenende hinter sich.

Meine Kabinettmitglieder und ich haben zentrale Themen, die zunächst bis 2006 für die weitere wirtschaftliche, soziale und internationale Entwicklung von herausragender Bedeutung sind, besprochen und auf unsere politischen Prioritäten hin zugespitzt.

Wir wissen: Von uns wird erwartet, dass wir ein klares Signal aussenden. Dass wir den Menschen sagen, wo wir im Rahmen der Agenda 2010 unter den gegenwärtigen Bedingungen die Schwerpunkte setzen wollen.

Das Signal, das von diesem Wochenende ausgehen sollte, ist eines für Stabilität und Wachstum in Deutschland.

Erstens: Der Bundesfinanzminister hat mit dem Haushalt 2004 einen echten Konsolidierungshaushalt vorgelegt, der einen bisher in Deutschland ungekannten Einstieg in den Abbau von Subventionen vorsieht.

Bis zum Jahr 2010 wird allein der Bund dadurch Aufwendungen in Höhe von rund 45 Milliarden Euro einsparen. Hinzu kommen Einsparungen bei den Beamten und den öffentlich Angestellten in Milliardenhöhe. Das alles sind langfristig wirksame Entlastungen des Staatshaushalts, die ansonsten über höhere Steuern oder mehr Kredite hätten finanziert werden müssen.

Das ist unser erstes Signal: Auch in der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der sich unser Land befindet - in der längsten Phase wirtschaftlicher Stagnation - , begrenzen wir den Staatshaushalt, führen unseren Kurs nachhaltig wirksamer Strukturreformen im Rahmen der Agenda 2010 weiter und bestätigen unseren Konsolidierungskurs glaubhaft.

Denn das nominale Defizit im Bundeshaushalt wird im nächsten Jahr noch einmal verringert. Dadurch erarbeiten wir uns - übrigens auch gegenüber Brüssel - finanzpolitische Spielräume, die wir nutzen werden, um Wachstumsimpulse geben zu können.

Und genau das ist unser zweites Signal: Diese Bundesregierung verbessert die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum in Deutschland

nicht nur durch langfristig wirksame Strukturreformen im Rahmen der Agenda 2010 sondern ebenso durch ein kurzfristig notwendiges konjunkturpolitisches Signal: durch das Vorziehen der Steuerreform auf das nächste Jahr! Meine Damen und Herren,

Stabilität und Wachstum,

Konsolidierung und weniger Steuern und Lohnnebenkosten!

Das ist das Signal, das wir an Konsumenten und Investoren in unserem Land geben wollen.

Das Vorziehen der Steuerreform bedeutet für Steuerzahler, dass sie ab dem nächsten Jahr rund 10 Prozent weniger Einkommensteuer zahlen müssen als in diesem Jahr.

10 Prozent weniger Einkommensteuer heißt 10 Prozent mehr für den Konsum! Das stärkt die Binnennachfrage und verbessert den Anreiz, statt schwarz, legal zu arbeiten.

Unsere Steuerreform wird nicht nur einen wichtigen Konjunkturimpuls geben, sie ist auch gerecht. Denn sie entlastet geringe Einkommen deutlich stärker als höhere. Nur ein Beispiel: Ein verheirateter Alleinverdiener ohne Kinder mit einem Einkommen von bis zu 30.000 Euro wird im nächsten Jahr über 27 Prozent weniger Einkommensteuer zahlen müssen. Bei einem Einkommen von 150.000 Euro sind es "nur" knapp 11 Prozent.

Das zeigt, es ist richtig, dass wir den Eingangssteuersatz auf den niedrigsten Stand in der Geschichte unseres Landes senken werden: auf nur noch 15 Prozent! Vielleicht erinnern Sie sich: Vor 5 Jahren betrug er noch fast 26 Prozent. Das ist unsere Steuerpolitik!

Darüber hinaus - und das ist mir besonders wichtig - entlastet die Bundesregierung mit der Steuerreform den Mittelstand massiv.

Vom Vorziehen der Einkommensteuerreform profitieren nicht die Kapitalgesellschaften. Vielmehr werden Personenunternehmen deutlich besser gestellt.

Mittelständische Unternehmen müssen ab dem nächsten Jahr fast 10 Milliarden weniger Steuern zahlen. Damit geben wir in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ein klares Signal an den Mittelstand: Weniger Steuern für mehr Investitionen und mehr Beschäftigung!

Dieses Signal werden wir verstärken durch sinkende Lohnnebenkosten. Ministerin Schmidt hat sich bereit erklärt, den Beitragssatz zur Rente auch im nächsten Jahr auf 19,5 Prozent zu stabilisieren. Zusammen mit der Absenkung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung durch die Gesundheitsreform sichern wir, dass der Faktor Arbeit im nächsten Jahr entlastet wird.

Damit bringen wir nicht nur unseren Standort voran. Wir verbessern auch die Wettbewerbssituation des Mittelstands gegenüber den großen Kapitalgesellschaften.

Meine Damen und Herren,

mit diesem Vorziehen verbinden wir den Willen, mit den Ländern verbindlich den schrittweisen Abbau von Subventionen in den kommenden Jahren über das bisherige ehrgeizige Maß hinaus zu vereinbaren. Darüber werden wir im Rahmen unserer Privatisierungsstrategie anfallende Erlöse zur Finanzierung zu verwenden. Die verbleibende Differenz wird kreditfinanziert.

Meine Damen und Herren,

auf die schwierige wirtschaftliche Lage reagiert die Bundesregierung mit der klaren Doppelbotschaft von Konsolidierung und Wachstum.

Ich würde mir wünschen, dass von diesem Wochenende ein Aufbruchsignal an die Menschen in unserem Land ausgeht. Ein Signal, dass Reformen nicht immer nur weh tun müssen, sondern sich auszahlen. Nicht immer gleich, aber manchmal - siehe Steuerreform - schon.

Die wichtigsten Zahlen im Überblick:

Entlastung für den Bund durch den Subventionsabbau bis 2010 insgesamt: 45 Mrd. € Steuerzahler müssen ab 2004 rund 10 Prozent weniger Einkommensteuer zahlen als 2003. Ein verheirateter Alleinverdiener ohne Kinder mit einem Einkommen von bis zu 30.000 Euro wird im nächsten Jahr über 27 Prozent weniger Einkommensteuer zahlen müssen. Bei einem Einkommen von 150.000 Euro sind es "nur" knapp 11 Prozent. Entwicklung Einkommensteuer von 1998 bis 2004:

Eingangssteuersatz: 25,9 % auf 15 % Grundfreibetrag: 6.902 € auf 7.664 € Spitzensteuersatz: 53 % auf 42 % Entlastung der Länder durch Umsetzung der Schritte, die im Bundeshaushalt vorgesehen sind: rund 7 Mrd. € , wenn Bundesrat nicht verwässertEntlastung für den Mittelstand: fast 10 Mrd. € ( größtes Programm zur Entlastung des Mittelstands, das es je gegeben hat ) Entlastung durch Steuerreformmaßnahmen der Bundesregierung seit 1998:

Gesamt: 56 Mrd. € Private Haushalte: 41 Mrd. € Mittelstand: fast 17 Mrd. € Großunternehmen: -1,7 Mrd. €