Redner(in): Christina Weiss
Datum: 19.07.2003

Untertitel: Zu dem letzten Konzert der Walcker-Orgel in St.Petersburg vor der mit deutscher Unterstützung beginnenden Restaurierung würdigt Kulturstaatsministerin Weiss die letzte erhaltene Orgel der Stadt.
Anrede: Lieber Herr Kollege Schwydkoi, sehr geehrter Herr Direktor Schwarzkopf, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/81/501881/multi.htm


die Orgel, so beschreibt es der deutsche Schriftsteller Robert Schneider in seinem Roman "Schlafes Bruder", könne sture Gemüter lammfromm machen, vornehm stimmen und vor allem Großmut erzeugen. Sie kann jubilieren und die Menschen zu wahren Menschen machen. Wir sind heute hier zusammengekommen, um der Walcker-Orgel ihre Seele wiederzugeben. Es ist mir eine ganz besondere Freude, an diesem wunderbaren Konzert teilnehmen zu können.

Zunächst einmal gilt mein Dank dem Spiel der Petersburger Philharmoniker. Ebenso möchte ich Herrn Prof. Zaretsky danken, der die jetzt anstehende Restaurierung der einzig erhalten gebliebenen Konzertorgel der Stadt intensiv mit vorbereitet hat.

Als im vergangenen Jahr hier in diesem Saal eine grundsätzliche Vereinbarung zur Restaurierung der Walcker-Orgel unterzeichnet wurde, ahnte noch niemand, ob und wie dieses ehrgeizige deutsch-russische Projekt Realität werden könnte. Es galt, ein Restaurierungskonzept zu entwickeln, das dem historischen Vorbild und den Besonderheiten des Saales der Philharmonie gerecht würde. Heute nun steht fest: die Walcker-Orgel wird in Bonn von besten Spezialisten restauriert und sie kann bald wieder die Gemüter hier in Petersburg ergötzen.

Ich übermittle an dieser Stelle auch die Grüße des Herrn Bundeskanzlers, der sich freut, der Stadt St. Petersburg im Namen der Bundesrepublik Deutschland ein Geschenk zu ihrem 300-jährigen Gründungsjubiläum machen zu können.

Wie ich erfahren habe, stehen die Bonner Orgelbauer - wie bei einem Popkonzert - schon im Hintergrund, um sofort mit großer Professionalität backstage an die Arbeit zu gehen. Ich grüße daher auch Herrn Phillip Klais, der mit seiner Anwesenheit zeigt, wie wichtig ihm dieses Vorhaben ist. Die Orgel verabschiedet sich heute aus St. Petersburg, wird aber voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres wieder hier sein. Im Januar 2005, da bin ich ganz sicher, wird sie ihre Seele wiedergefunden haben und wir können gemeinsam einen schönen Beweis deutsch-russischer Verbundenheit feiern. Vielleicht erklingt dann als Tafelmusik die Jagdkantate von Johann Sebastian Bach: "Schafe können sicher weiden / Wo ein guter Hirte wacht, / Wo Regenten wohl regieren, / Kann man Ruh und Frieden spüren / Und was Länder glücklich macht."

Ich wünsche den Handwerkern eine glückliche Hand. Vielen Dank!