Redner(in): Christina Weiss
Datum: 25.09.2003

Untertitel: Staatsministerin Weiss erläutert die Gesetzesnovelle und hebt dabei die Verbesserung des Fördersystems und die Stärkung von dessen finanzieller Basis hervor.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/20/533820/multi.htm


Good bye, Lenin " ist ein Film, wie man ihn gemeinhin in Deutschland nicht erwartet: erfolgreich im Kino, beliebt beim Publikum, lukrativ für den Exporteur, preisgekrönt, Oscar-nominiert - aber dennoch staatlich gefördert. Er ist ein Paradebeispiel unserer Filmförderung, die wir mit dem heute eingebrachten Gesetz noch maßgeschneiderter, noch effektiver, noch leistungsstärker machen wollen.

Denn der "Lenin" -Erfolg darf uns nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die Lage der deutschen Filmwirtschaft seit der letzten Gesetzesnovelle 1998 zugespitzt hat. Sie alle kennen die Ursachen dafür:

Die Börsen, vor allem aber der Neue Markt, haben eine schmerzliche Talfahrt hinter sich,

das Eigenkapital der Produzenten stagniert bei steigenden Produktionskosten,

viele Fernsehveranstalter verzichten auf Spielfilmproduktionen, während die Kosten für Werbung und Filmkopien in den letzten Jahren auf mehr als das Doppelte gestiegen sind.

Kurz: Das risikoreiche Filmgeschäft ist zu einer Kletterpartie mit erhöhter Absturzgefahr geworden.

Dies kann uns nicht gleichgültig sein! Immerhin beschäftigt die Filmwirtschaft in mehr als 8.000 Unternehmen rund 150.000 Menschen und hat trotz aller Probleme ein noch immer überproportional großes Wachstumspotenzial von gut 6,6 Prozent.

Film ist ein "Premium Content", ein Inhalt erster Güte also, der auch neue Verbreitungstechnologien beflügeln kann.

Wir sind uns sicher einig: Auch in der Filmbranche haben wir einen enormen Reformstau aufzulösen. Deshalb konzentriert sich die vorliegende Gesetzesnovelle sowohl auf die Verbesserung des Fördersystems als auch auf die Stärkung dessen finanzieller Basis.

Drei Punkte möchte ich hervorheben:

Erstens, den Ausbau der Referenzfilmförderung. Dahinter verbirgt sich ein Bonussystem für Produzenten, denen es gelungen ist, wirtschaftlich und künstlerisch erfolgreich zu arbeiten. Produzenten, die in der Lage sind, Publikum ins Kino zu locken oder auf Festivals reüssieren können.

Zweitens: Das neue Filmfördergesetz wird die Förderstruktur neu gewichten. Die Mittel für die Absatzförderung steigen um 110 % auf 14,5 Millionen Euro, die Produktionsförderung erhält 40 % mehr Geld, also 17,5 Millionen Euro und die Kinoförderung wird um 20 % auf über vier Millionen Euro aufgestockt.

Drittens: Da der deutsche Film international zu bescheiden auftritt, wollen wir mit der Novelle dafür sorgen, dass unsere Produktionen im Ausland bekannter werden. Mit "Nirgendwo in Afrika" und "Good Bye, Lenin!" ist uns das gelungen.

Die jüngste Erfolgsmeldung kommt übrigens aus Frankreich, wo "Lenin!" am ersten Wochenende 120.000 Besucher in die Kinos lockte! Unser Ziel ist es, diesen Erfolg für den Ausbau des Filmexportgeschäfts zu nutzen.

Das alles ist nur möglich, wenn wir die Mittel für die Filmförderungsanstalt erhöhen. Niemand hätte geglaubt, dass es meinem Haus und mir in diesen schwierigen Zeiten gelingen könnte, die finanzielle Basis der Filmförderungsanstalt um rund 40 % aufzustocken, also von 46,2 auf 64,7 Millionen Euro.

Doch genau das ist gelungen, und ich danke an dieser Stelle ganz besonders den Fernsehveranstaltern, die ihre Leistungen verdoppeln werden und künftig rund 22,4 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

Da diese Summe allerdings nicht ausreichen würde, um unser ambitioniertes Ziel zu erreichen, sieht die Novelle auch eine maßvolle Erhöhung der Film- und Videoabgabe vor. Wie Sie wissen, gibt es darüber derzeit Missverständnisse, aber auch Unmut bei einzelnen Kinobetreibern. Doch worum geht es wirklich?

Es geht um eine Abgabe, die genau 3 Cent pro verkaufter Kinokarte umfasst. In Worten: drei Cent! Drei Cent für die Zukunft des deutschen Films. Das ist wahrlich moderat zu nennen. Und ich glaube nicht, dass man wegen einer Kulturabgabe von drei Cent unsere Verfassungsrichter bemühen muss, wie das manche planen. Zum Vergleich: In Frankreich beträgt die Abgabe auf alle verkaufen Kinokarten elf, ich wiederhole, elf Prozent! Wir erreichen - und das nach der Anhebung - gerade mal 2,7 Prozent vom Bruttoumsatz!

Erlauben Sie mir zum Schluss noch eine Bemerkung: Obwohl die FFG-Novelle die wirtschaftlichen Instrumente der Filmförderung im Blick hat, wird sich mein Haus weiterhin auch denjenigen Filmen widmen, die künstlerisch besonders ambitioniert und innovativ sind, und dabei nicht immer auf Anhieb das große Publikum erreichen können.

Wie Sie wissen, kann nicht jeder gute Film ein Kassenschlager werden. Mit unserer Gesetzesnovelle wollen wir jedoch dafür sorgen, dass Kassenschlager auch gute Filme sind. Unterstützen Sie uns dabei! Vielen Dank!