Redner(in): Christina Weiss
Datum: 17.10.2003

Untertitel: In ihrer Rede am 17. Oktober hat Kulturstaatsministerin Weiss die Hilfen des Bundes für die Berliner Kultur bilanziert.
Anrede: Herr Präsident, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/21/542921/multi.htm


es scheint in diesen Tagen, als käme eine wirkungsvolle Debatte über die Hauptstadt in Gang. Während sich Honoratioren quer durch alle Parteien noch darüber Gedanken machen, was Berlin wert sei, kann der Bund diese Frage locker parieren: 340 Millionen Euro für die Kultur. Wir diskutieren heute hier eine Kernaufgabe der Bundeskulturpolitik und sind gehalten, zu bilanzieren. Eine Erkenntnis schält sich heraus: Rot-Grün hat das Hilfsprogramm für die Berliner Kultur vom Kopf auf die Füße gestellt. Es herrscht keine Hasenfüßigkeit mehr im Verhältnis zwischen Berlin und dem Bund, wie das noch Mitte der neunziger Jahre der Fall war. Der Hauptstadtkulturvertrag ist nicht mehr das Ergebnis eines Gnadenaktes, sondern das Produkt einer wachsenden Partnerschaft, die sich in diesem Jahr bei der Rettung der Berliner Opernhäuser besonders bewährt hat. Das heißt nicht, dass wir den Senat aus der Pflicht entlassen! Wir erwarten, dass Berlin die Bedeutung seiner Kultur gleichermaßen hoch einschätzt und die finanziellen und strukturellen Anstrengungen zur Zukunftssicherung seiner Kulturlandschaft insgesamt nicht einschränkt.

Meine Damen und Herren, wie gesagt: 340 Millionen Euro zahlt der Bund für Berliner Kultureinrichtungen. Aber wir zahlen nicht nur. Wir haben inzwischen auch die Gewissheit, dass dieses Geld wirklich für die Kultur ausgegeben wird.

Es ist die vielleicht wichtigste Erfahrung, die wir in den Jahren des neuen Verhältnisses zwischen Berlin und dem Bund gewonnen haben: Das Geld versickert nicht mehr im Berliner Landeshaushalt. Es ist auf Dauer gut und sicher angelegt: in den Ausstellungen des Hauses der Kulturen der Welt oder des Jüdischen Museums, in den Aufführungen der Berliner Festwochen, im Martin-Gropius-Bau genauso wie in den Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Seitdem gibt es klare Zuständigkeiten und auch klare Verantwortungen. Und so wird es auch künftig bleiben.

Zu einem erfolgreichen Instrument für aktuelle Kunstproduktion in Berlin hat sich der Hauptstadtkulturfonds entwickelt, das gilt, auch wenn er in letzter Zeit in die Kritik geraten ist. Mit geringen Mitteln wird hier ein Maximum an Wirkung entfaltet. Die Bundesregierung tut gut daran, in die Vitalität der Stadt zu investieren, die zu unterstützen, die nach neuen, nach ungewöhnlichen Formaten suchen. Zudem ist der Hauptstadtkulturfonds inzwischen eine erste Adresse für internationalen Austausch in einer Metropole. Der Hauptstadtkulturfonds hat sich profiliert, ohne ihn ließen sich viele spannende, weltweit beachtete Projekte nicht realisieren. Das sage ich an die Adresse jener, die diese Einrichtung einer stärkeren politischen Kontrolle unterziehen wollen. Wer sich anschickt, hier hineinzuregieren, zensiert am Ende die Kunst. Ich hoffe, Sie stimmen mit mir darin überein, dass wir das nicht zulassen dürfen. Gleichwohl räume ich ein, dass wir in den Vergabeverfahren transparenter werden müssen. Ich sage aber noch einmal: Hier wird über Kunst entschieden, es geht um die Qualität eines Projektes. Darüber müssen Fachleute abstimmen. Die Politk sollte sich nur um die Verfahrenskontrolle kümmern.

Meine Damen und Herren,

der neue Hauptstadtkulturvertrag wird von der Hilfe zur Selbsthilfe geprägt sein. Der Bund hat sich trotz der prekären Haushaltslage dazu entschlossen, schweren Schaden von der hauptstädtischen Kultur abzuwenden und mit dem Senat einen wahrhaften Solidarpakt verhandelt. Wir wollen Berlin den Spielraum geben, den die Stadt braucht, um die drei Opernhäuser erhalten zu können. Alles in allem wird der Bund den Berliner Kultureinrichtungen im kommenden Jahr 25 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stellen. Dieses Geld kommt zusätzlich in meinen Etat, auch wenn der eine oder andere Kultusminister unterstellt, hier werde den neuen Ländern etwas vorenthalten. Dies ist nicht der Fall. Und wer jetzt behauptet, ich betreibe eine zentralistische Politik, ignoriert bewusst, in welcher Weise der Bund auch die kulturelle Vielfalt in den Ländern fördert und auch in der Lage ist, schnell zu helfen.

Meine Damen und Herren,

der Bund schwingt sich nicht zum Retter der Berliner Kultur auf, aber er vermag zu Veränderungen im System anzustacheln. Dies kennzeichnet die Geschichte der Hauptstadtkulturverträge seit einigen Jahren. Wir können und wir wollen nicht die gesamte Berliner Kulturlandschaft finanzieren, aber wir können und wir wollen helfen, Berlin zu entlasten. Dies tun wir mit einer gewissen Stetigkeit. Das schafft keine Kulturstaatsministerin allein. Dafür braucht es starke Partner, die mich unterstützen. Der Bundeskanzler und der Finanzminister haben erkannt, dass sich diese Stadt vor allem in ihrer Kultur darstellt. Ich bin froh über diesen Gleichklang der Überzeugungen. Ich bin froh, dass wir die Entwicklung der deutschen Hauptstadt nicht nur beschreiben, sondern auch wirklich vorantreiben.

Ich danke Ihnen.