Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 13.07.2004

Untertitel: "Der Prozess der Globalisierung - das muss man den Menschen in Deutschland und darüber hinaus immer wieder sagen - ist ein Prozess des erhöhten Wettbewerbsdrucks nicht zuletzt auch auf die deutsche Industrie und die industrielle Fertigung bei uns im Land. Das ist der Kern der gegenwärtigen ökonomischen und politischen Herausforderung."
Anrede: Herr Ministerpräsident, Herr Professor Gottschalk, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/19/683019/multi.htm


ich will über die Themen reden, die mit den von Ihnen eingeforderten Rahmenbedingungen zusammenhängen, die natürlich auch auf die Branche zugeschnitten sind, an der Deutschland sehr viel liegen muss. Was sind die zentralen Herausforderungen, denen zurzeit sowohl Politik als auch Wirtschaft ausgesetzt sind?

Ich sehe insbesondere zwei Herausforderungen, auf die ökonomisch, aber auch politisch reagiert werden muss.

Die erste Entwicklungslinie ist durch den Prozess der Globalisierung gekennzeichnet, der ein Prozess des erhöhten Wettbewerbsdrucks nicht zuletzt auch auf die deutsche Industrie und die industrielle Fertigung ist. Das ist der Kern der gegenwärtigen ökonomischen und politischen Herausforderung.

Die zweite Entwicklungslinie hat mit dem Alterungsprozess in unserer Gesellschaft zu tun, der auch ein ökonomisches Problem ist. Wir werden die demographische Entwicklung nicht allein durch vernünftig gesteuerte Zuwanderung ausgleichen können, weil das die Integrationskraft unserer Gesellschaft überforderte.

Folge dieser Prozesse ist der ungeheure Druck auf die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme, den wir bewältigen müssen. Diese beiden Herausforderungen, Globalisierung einerseits und Alterungsprozess unserer Gesellschaft andererseits, zwingen unsere Gesellschaft, und zwar nicht nur die deutsche, sondern alle europäischen Gesellschaften, alle Industriegesellschaften zu Veränderungen.

Ich bin ja aufgefordert, bei einem bestimmten Kurs der Veränderung zu bleiben. Ich will das auch gerne tun. Ich will Ihnen aber zwei Probleme, die damit verbunden sind, nicht verschweigen.

Das erste Problem hat zu tun mit der Differenz zwischen einer allgemein erklärten Veränderungsbereitschaft, übrigens auch innerhalb der politischen Konkurrenten, und einer weit weniger entwickelten Veränderungsbereitschaft, wenn es konkret wird, übrigens auch innerhalb der unterschiedlichen Verbände.

Das zweite Problem hängt mit der Tatsache zusammen, dass die belastenden Folgen eines jeden Veränderungsprozesses aktuell aufkommen, die Erfolge aber zeitlich versetzt eintreten. Diese zeitliche Lücke macht enorme politische Schwierigkeiten. Sie können sicher nachvollziehen, dass ich in dem Punkt wahrlich weiß, worüber ich rede.

Aber diese zeitliche Schwierigkeit und diese Schwierigkeit für Reformpolitiken in entwickelten Gesellschaften ist kein Spezifikum der Konstellation, die jetzt in Berlin regiert, sondern dazu will ich all denjenigen, die darüber spekulieren, nur sagen: Das würde jeden treffen. Wenn die Prozesse, die jetzt eingeleitet werden müssen, am Widerstand von Interessengruppen, egal welcher, am Widerstand eines innergesellschaftlichen Machtkampfes scheitern, dann könnte man sie nur sehr schwer wieder aufnehmen. Dessen bin ich jedenfalls vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen sicher. Die eine Antwort ist also die Bereitschaft zur Veränderung in der eigenen Gesellschaft, und die andere Antwort heißt Europa und nicht zuletzt: keine Angst vor Europa.

Die deutsche Automobilindustrie ist Technologieführer nicht nur in Europa, sondern weltweit. Fast 20 Prozent des Exportes in Deutschland sind Exporte aus der Automobilindustrie. Das ist ein enormer Anteil, der eigentlich jedem klarmachen müsste, dass über Autos zu reden nicht nur Passion ist, sondern eine manchmal notwendige ökonomische Pflicht, jedenfalls für diejenigen, die politisch an der Spitze der Regierung agieren. Es ist also keineswegs so, dass ich mich für diese Branche in Deutschland und in Europa einsetze, weil ich die Freude hatte, einmal in einer anderen Funktion nähere Einblicke zu bekommen, sondern auch, weil ich weiß, dass der Verlust auch nur von Teilen oder der Rückgang dieser zentralen Industrie mit schwerwiegenden Folgen für die gesamte deutsche Wirtschaft verbunden wäre.

Wenn ich Europa sage, dann meine ich auch, dass wir als diejenigen, die die politischen, ökonomischen und kulturellen Führungseliten eines Landes sind, den Menschen klar zu machen haben, dass Deutschland durch die Erweiterung der Europäischen Union gewinnt. Unsere Exporte in die Märkte in Mittel- , Ost- und Südosteuropa wachsen zweistellig. Wir sind in fast all diesen Ländern sowohl beim Handel als auch bei den Investitionen die Nummer Eins - mit allen Folgen, die das auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen in Deutschland hat. Deswegen liegt mir daran, dass gelegentlichen Ängsten, die sich mit der europäischen Einigung verbinden, entgegengetreten wird. Denn ein einiges Europa ist nicht nur eine ungeheure historische Chance, sondern auch eine ökonomische Chance - speziell für Deutschland - von bisher nicht ausreichend wahrgenommenen Ausmaßen.

Ich bin froh, Herr Professor Gottschalk, dass Sie Frankreich angesprochen haben. Im Zusammenhang mit Europa kommt der deutsch-französischen Zusammenarbeit eine enorme Bedeutung zu. Ohne eine enge politische Zusammenarbeit - es wäre zu hoffen: auch ökonomisch - läuft weniger als notwendig in Europa. Aber eines muss genauso klar sein - das wird den französischen Freunden in aller Regel intern gesagt; aber wenn Sie das Thema schon öffentlich ansprechen, will ich dazu auch etwas anmerken - : Derjenige, der aus innerparteilichen Machterwerbsbemühungen meint - da gibt es ja den einen oder anderen in der französischen Gesellschaft - , aus einer "Win-Win" -Situation für Deutschland und Frankreich eine einseitige Angelegenheit zu machen, der legt die Axt an die Wurzel einer Zusammenarbeit, die für die beiden Völker, für die beiden Industrien, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in beiden Gesellschaften und für Europa von ungeheurer Bedeutung ist.

Ich weiß, dass der französische Staatspräsident das ganz genau so sieht wie ich. Ich bin sicher, dass Spielchen durch den einen oder anderen - wie die Diskreditierung deutscher Unternehmen, wenn sie Arbeitszeitgestaltung machen - nicht die Billigung der französischen Staatsspitze findet. Ich denke, wir sollten ganz selbstbewusst darauf hinweisen, dass gemeinsame Industriepolitik, die wir in Europa und für Europa verabredet haben, eine europäische sein muss, also weder eine deutsche noch eine französische. Denn beides würde nicht reichen, wenn man Europa nach vorn bringen will. Insofern: Wenn es zu einer Diskriminierung der deutschen Automobilindustrie durch Förderung einerseits und Strafen andererseits käme, dann würde das nicht nur den europäischen Gedanken verletzen, sondern auch Schwierigkeiten in der deutsch-französischen Zusammenarbeit heraufbeschwören. Solche Schwierigkeiten kann und darf sich kein Mensch wirklich wünschen, im Interesse der beiden Länder nicht, aber auch nicht im Interesse der Entwicklung eines gemeinsamen Europas.

Die zweite Bemerkung, die ich machen will: Die "Agenda 2010" ist der notwendige Versuch, auf die gekennzeichneten Herausforderungen zu reagieren. Diese "Agenda 2010" enthält - das wird gelegentlich übersehen - zwei Teile.

Die erste hat zu tun mit dem Umbau der sozialen Sicherungssysteme, um sie krisenfest zu machen.

Übrigens wird in diesem Zusammenhang zu Recht viel der Gedanke der Gerechtigkeit bemüht. Ich bin der Letzte, der es nicht politisch unterstützte, eine Gesellschaft zu gestalten, die in sich gerecht ist. Aber es lohnt dann doch, sich einmal etwas näher mit dem Begriff zu befassen. Kann man sich schon zurücklehnen und sagen: Ge-recht sind wir dann, wenn wir einen Ausgleich in der heute aktiven Generation geschaffen haben? Ich glaube nicht, dass das der wirklich richtige Begriff von Gerechtigkeit wäre. Gerechtigkeit muss sich auch auf diejenigen beziehen, die nach uns kommen, auf unsere Kinder und deren Kinder. Nur wer den Gerechtigkeitsbegriff nicht auf die heute lebende, ob aktive oder nicht mehr aktive Generation, bezieht, sondern ihn auch auf künftige Generationen bezieht, der wird diesem Begriff wirklich gerecht. Sonst verhält er sich reichlich augenblicksfixiert, und das könnte man auch als opportunistisch bezeichnen.

Die "Agenda 2010" ist also der Versuch, die sozialen Sicherungssysteme umzubauen mit dem Ziel, sie zum einen für künftige Generationen intakt zu halten und zum anderen Ressourcen frei zu bekommen, um in die Zukunftsfelder investieren zu können. Dies sind gleichsam zwei Seiten einer Medaille, und beides hängt miteinander zusammen.

Wir brauchen in der Tat den Umbau der sozialen Sicherungssysteme. Wir werden ihn machen müssen; das bezieht sich auf die Gesundheit. Da ist vieles bereits umgesetzt worden, übrigens unter viel Geschrei sehr unterschiedlicher Interessengruppen. Es handelt sich hier um einen höchst vermachteten Bereich. Ich will diesen Markt-wirtschaftlern, die mir immer vorhalten, sie seien welche und unsereiner weniger, einmal sagen: Wenn auf Druck der Opposition im Bundesrat dafür gesorgt wird, dass ein Apotheker maximal vier Apotheken haben darf, er aber keine Kette bilden darf, dann hat das mit Marktwirtschaft wenig, mit Vermachtung bestimmter Systeme aber sehr viel zu tun. Oder wenn man dazu übergeht und sagt "Ihr dürft nicht erreichen, dass Kassen mit einzelnen Ärzten, die besonders leistungsfähig sind, Verträge abschließen können, sondern Ihr müsst das kollektiv machen" - nicht wir haben das gesagt, sondern Freunde von dem anderen Feldposten, so weit sie welche sind - , dann ist das nicht der Ausdruck von Marktwirtschaft in Reinkultur, die man ansonsten immer vor sich herträgt, sondern das Gegenteil dessen.

Ich will noch etwas sagen zu der Notwendigkeit des Umbaus der sozialen Sicherungssysteme einerseits und den Ressourcen, die wir brauchen, andererseits. Selbstverständlich bin ich dafür, dass wir in dieser Dekade das europäische Ziel erreichen, drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung auszugeben. Wir sind in Deutschland so schlecht nicht, nicht zuletzt auch durch die Anstrengungen Ihrer Branche. Unter den großen Nationen sind wir auf Platz Eins. Aber die Schweden und die Finnen sind deutlich besser als wir, und wir müssen noch besser werden.

Wir haben einen Vorschlag gemacht. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass es in Deutschland noch Wohnungsnot gäbe. Weil das so ist, haben wir vorgeschlagen, die Eigenheimzulage auslaufen zu lassen. Bis 2010 betragen die Ausgaben für die Eigenheimzulage rund 15 Milliarden Euro. Meine These ist: Das ist eine Vergangenheitssubvention. Wir brauchen aber mehr Zukunftsinvestitionen. Lassen Sie uns das Geld nehmen und es vollständig in Forschung und Entwicklung investieren. Sie brauchen nur Ja zu sagen, Herr Teufel. Dann läuft die Sache. Man kann ja nicht hierher gehen und über Tankstellen reden. Das soll man auch; das ist ja kein Problem. Man muss dann schon "Butter bei den Fischen tun" und sagen: Das machen wir zusammen, weil das wirklich die Beendigung einer Vergangenheitssubvention und das Erreichen einer Zukunftsinvestition wäre. Das sollten wir miteinander hinbekommen. Sie wissen, dass morgen im Bundeskabinett ein entsprechendes Gesetz beschlossen wird. Wir werden dann sehen, wie sich der Bundesrat auf diese Frage einlässt. Das wird der Lakmustest dafür sein, ob man über Forschung und Entwicklung nur schön redet oder ob man bereit ist, dafür tatsächlich etwas zu tun. Man wird sehen, wie er ausgeht

Ich möchte zu einem anderen Thema gern noch etwas sagen. Das hängt auch mit dem zusammen, was sich jetzt in Frankreich, in der Schweiz, in Österreich und in einigen anderen europäischen Ländern vollzieht, und zwar bezogen auf die Debatten um Grenzwerte für dieselbetriebene Automobile. Meine Auffassung ist, dass es offenbar nicht ganz geklappt hat, dass der Verband national wie europäisch so viel Einfluss auf die jeweiligen Regierungen hat nehmen können, dass es eine einheitliche Position gibt. Sonst wäre ja der französische Vorstoß nicht denkbar. Das muss sich aber ändern. Man muss sehen, dass wir eine Gemeinsamkeit der europäischen Automobilindustrie in solchen Fragen brauchen, wenn wir verhindern wollen, dass es einen förderpolitischen und einen Grenzwert- "Flickenteppich" gibt.

Unsere erste gemeinsame Übereinstimmung, jedenfalls der Automobilindustrie in Deutschland und der Bundesregierung, muss deswegen sein: Die Festlegung eines vernünftigen Grenzwertes ist Sache der Europäischen Kommission und muss europaweit erfolgen. Alles Andere wäre schlecht, speziell für die deutsche Automobilindustrie. Wenn ich über Grenzwerte rede, dann kann man aber nicht hergehen und sagen: Wir knüpfen unsere Förderpolitik an Hubraum, bestrafen die Deutschen und helfen unseren Eigenen, in welchem Land auch immer. Sondern das muss europaweit festgelegt werden. Dabei müssen die technischen Erreichbarkeiten gesehen werden. Also wir brauchen 2010 eine EURO-V-Norm.

Ich will jetzt hier ausdrücklich nicht über die Grenzwerte reden, weil ich das gleich intern tun werde und Sie das in den Verhandlungen mit der Europäischen Kommission tun sollen. Aber eines will ich sagen: Wir haben die EURO-IV-Norm steuerlich gefördert. Diese steuerliche Förderung der EURO-IV-Norm läuft am 31. 12. dieses Jahres aus. Das hätte die Konsequenz, dass derjenige, der dann ein Auto kaufen würde, das Gefühl hätte, dass er dafür mehr als vorher zahlen müsste. Ich finde, wir sollten dafür sorgen, dass wir bis dahin einen Grenzwert haben und unmittelbar im Anschluss daran eine Förderpolitik in einem gleichen Umfang machen, wie wir das bei der EURO-IV-Norm auch getan haben, die hilft, dass Schritt für Schritt der neue Grenzwert erreicht wird.

Ich möchte gern, was die nationale Förderpolitik angeht, dass das beibehalten wird. Ich kann nicht versprechen, dass man die Summe ausdehnen kann; aber das andere war ja auch ein ordentlicher Satz. Die Grenzwerte, die 2010 gelten, wird man ja erst schrittweise erreichen können - mit welcher Technologie auch immer. Wahrscheinlich läuft es auf den Partikelfilter heraus. Das ist ja in Ihrer Ankündigung gewesen. Das finde ich auch höchst vernünftig. Aber in der Zwischenzeit müssen wir sagen, wie Zwischenergebnisse erreicht werden sollen und wie die Förderung aussehen soll. Darüber müssen wir uns unterhalten: Was passiert auf dem Weg hin zu 2010? - Da sind wir bereit zu sagen: Lasst uns das Erreichen der EURO-V-Norm schrittweise genauso fördern, wie das bei der EURO-IV-Norm war.

Und noch etwas Anderes: Bei der Festlegung der Werte, die die Förderung auslösen, die ja noch nicht die endgültigen Werte sein können, müssen wir darauf achten, dass wir, wenn wir die Diesel-Technologie fördern und dort Geld ausgeben, andere Technologien nicht sozusagen erschlagen. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt, der berücksichtigt werden muss. Denn es gibt ja noch andere Antriebe als nur Diesel. Das werden wir miteinander hinzubekommen haben. Ich glaube, dass wir den Schwerpunkt aber darauf legen müssen, zu europäisieren, weil wir davon am meisten haben und weil es auch dem Gedanken Europas entspricht.

Ich will noch eine Bemerkung zu dem machen, was im Moment aktuell debattiert wird. Ich finde, wir würden einen großen Fehler machen, wenn man zuließe, dass die Arbeitszeitdiskussion ideologisch geführt wird. Sowohl Wirtschaft, Gewerkschaften und die ganze Gesellschaft müssen ein Interesse daran haben, eine Arbeitszeitdiskussion zu führen, die sich nicht auf 35, 37,5 oder 40 Stunden bezieht, sondern die möglichst viel Raum in den Betrieben lässt, um das in den Verhandlungen zu erreichen, was in vielen Betrieben ja schon erreicht worden ist. Die einschlägigen Tarifverträge, die in der letzten Zeit geschlossen wurden, haben verbesserte Möglichkeiten für ein solches Maß - ich benutze den Begriff ganz bewusst - betrieblicher Flexibilität geschaffen. Auf deren Basis sollte man entlang der betrieblichen Notwendigkeiten, die von Branche zu Branche und häufig auch innerhalb der Betriebe höchst unterschiedlich sind, agieren.

Noch eines in dem Zusammenhang: Ich finde es richtig, wenn man das auf diese Weise auf die betrieblichen Ebenen herunterbricht und gleichzeitig im Auge behält, dass es auch in puncto Arbeitszeiten ein Unterschied ist, ob jemand am Band steht oder ob er in der Forschung und Entwicklung arbeitet. Ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass wir auch in diesem Bereich ein Maß an Flexibilität brauchen, das wir gegenwärtig nicht haben.

Es geht also nicht nur um eine allgemeine Arbeitszeitdiskussion. Da bin ich gegen die Fixierung auf Wochenstundenzahlen, denn wir brauchen zum Beispiel auch Arbeitszeitkonten, die über das Jahr ausgeglichen werden können. Das sind alles Instrumente, die Sie kennen. Wir brauchen auch eine bessere Flexibilität, was die unterschiedlichen Gruppen und deren unterschiedliche Tätigkeiten mit höchst unterschiedlichen Belastungen angeht. Das alles ist regelbar. Ich denke, es sind Fortschritte gemacht worden. Deswegen warne ich vor jeder Einseitigkeit in der Debatte.

Ich will abschließend sehr deutlich sagen: Ich bin, was die ökonomische Entwicklung angeht, mit Gründen optimistisch. Am Anfang des Jahres hat jeder gesagt: Ob Ihr die 1,5 Prozent Wachstum erreichen werdet, das ist höchst zweifelhaft. Inzwischen ist die Prognose der Bundesregierung 1,5 bis zwei Prozent; sie wird sich eher am oberen Rande bewegen. In den meisten Branchen - beim Export ist es außenwirtschaftlich veranlasst; das gebe ich zu; aber in der Investitionsgüterindustrie ist es zunehmend auch durch den Binnenmarkt veranlasst - gibt es wirklich Lichtblicke.

Die Automobilindustrie - davon bin ich überzeugt - wird kommen. Immer dann, wenn sie in Schwierigkeiten geredet worden ist, wenn sie sich gelegentlich selber hineingeredet hat und von anderen hineingeredet, geschrieben oder gesendet worden ist, hat sie ihre wirkliche Stärke bewiesen. Ich erinnere mich noch an die frühen 90er Jahre, als die ganze deutsche Automobilindustrie bereits abgeschrieben war, wie schnell und mit wie viel Elan sich Beschäftigte und Unternehmensleitung aufgemacht haben und jetzt die Nummer Eins in der Welt sind. Ich bin fest davon überzeugt: Das werden sie bleiben. Ich bin ganz sicher, dass die technologischen Entwicklungen, die Sie hier diskutieren und in den Betrieben machen, der Garant dafür sind, dass wir es bleiben.

In diesem Sinne viel Erfolg für Ihren Kongress!