Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 01.12.2004
Untertitel: Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder beim Eröffnungsempfang der "Tage der Arabischen Welt" am 1. Dezember 2004.
Anrede: Sehr geehrter Herr Generalsekretär, Exzellenzen, meine Damen und Herren!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/42/753942/multi.htm
Sperrfrist: Redebeginn, ca. 20.40 Uhr! . Anfang Oktober war die Arabische Welt Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Vor wenigen Wochen habe ich in Bonn gemeinsam mit Präsident Mubarak die großartige Tutanchamun-Ausstellung eröffnen können. Seit heute morgen und in den nächsten beiden Tagen ist die Arabische Welt im Deutschen Bundestag zu Gast. Das zeigt: Deutschland, Europa und die Arabische Welt sind auf dem notwendigen Weg, einander wirklich näher zu kommen - politisch, wirtschaftlich, aber eben auch kulturell. Ich finde die Initiative zu dieser Veranstaltung hervorragend und danke allen Beteiligten für ihr großes Engagement. Sie, die Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Kultur, werden in den nächsten beiden Tagen zentrale Fragen der Beziehungen zwischen unseren Ländern und Regionen diskutieren: Kooperation, Entwicklung und Wissensaustausch. Gerade die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten zeigen, wie wichtig eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit ist. Denn es kann dauerhafte Stabilität in Europa nur geben, wenn in unserer Nachbarschaft Frieden herrscht. Wir haben daher als Deutsche und Europäer ein fundamentales Interesse an einer friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts. Die Aussichten hierzu haben sich in den vergangenen Wochen verbessert. Jetzt kommt es darauf an, dass beide Konfliktparteien den Gesprächsfaden wieder aufnehmen. Der Fahrplan zum Frieden, die Road Map, enthält die zentralen Wegmarken. Das Ziel dabei bleibt klar: Es sollen zwei Staaten, Israel und Palästina, existieren, die in sicheren und anerkannten Grenzen und in friedlicher Nachbarschaft leben können. Ich begrüße die Bereitschaft von Ministerpräsident Sharon, den angekündigten Rückzug aus Gaza mit der palästinensischen Seite zu koordinieren. Deutschland und seine Partner in der Europäischen Union werden den bevorstehenden Wahlprozess in den Palästinensischen Gebieten unterstützen. Meine Damen und Herren, Deutsche und Europäer haben aber auch ein fundamentales Interesse an der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Nahen Osten und in der Arabischen Welt. Nicht nur für diese Region gilt: Frieden und Entwicklung bedingen einander. Ohne Frieden kann es keine Entwicklung geben. Aber ohne Entwicklung, ohne Verbesserung der Lebenschancen und des Wohlstands der Menschen ist ein dauerhafter Friede nicht möglich. Ein weiteres wichtiges Handlungsfeld zwischen unseren Ländern und Regionen ist die Intensivierung des kulturellen und wissenschaftlichen Dialogs. Für die Zukunft unserer Länder ist es entscheidend, dass möglichst viele Menschen Zugang zu hochwertigen Bildungschancen bekommen. Wir brauchen junge Menschen, die neben ihrer Fachkompetenz auch eine fundierte kulturelle Bildung erwerben. Dies ist die Basis von Demokratie und gesellschaftlicher Entwicklung. Bildung und Forschung sind zudem der Schlüssel für gesellschaftlichen Fortschritt, aber auch für Sicherheit im 21. Jahrhundert. Denn Unwissenheit ist ein idealer Nährboden für Intoleranz und Fundamentalismus. Deshalb war es mir so wichtig, vor einem Jahr in Kairo die Deutsche Universität zu eröffnen. Wir wollen - und das wird an diesem Projekt beispielhaft deutlich - die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen und Forschungseinrichtungen unserer Länder und Regionen weiter intensivieren. Wir wollen Brücken bauen zwischen unseren Kulturen. Nicht nur, weil das eine Bereicherung ist, sondern auch weil es hilft, zu differenzieren und falschen Gleichsetzungen vorzubeugen. Wir wollen die Menschen in unseren Gesellschaften teilhaben lassen an den Früchten der Globalisierung. Meine Damen und Herren, Sie können in diesem Sinne einen wichtigen Beitrag zur Mitgestaltung der Partnerschaft zwischen Deutschland, Europa und der Arabischen Welt leisten. Ich wünsche ihnen bei ihren Beratungen in den nächsten beiden Tagen kreative Debatten und gutes Gelingen.