Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 11.02.2000
Anrede: Sehr geehrter Herr Dr. Sommer, lieber Kurt van Haren, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/28/7428/multi.htm
Anlässlich der heutigen Eröffnung der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG, die gleich anschließend virtuell stattfinden wird, heiße ich Sie hier im Namen der Bundesregierung herzlich willkommen. Ich heiße Sie in einem Gebäude willkommen, das - darauf ist schon hingewiesen worden - als "Kaiserliches Haupttelegraphenamt" ein Stück Telekommunikationsgeschichte in sich ausmacht. Vielleicht ist es ein gutes Zeichen, dass dieses "Kaiserliche Haupttelegraphenamt" hier erneut Sinnbild für den Aufbruch in eine neue Zeit wird. Dass es eine niedersächsische Architektengemeinschaft war, die dieser Modernität Gestalt gegeben hat, vermerke ich hier nur am Rande, weil es bisher unerwähnt geblieben ist. Auch das Internationale Presse-Kolloquium der Telekom steht dieses Jahr - ich denke, das kann man wirklich sagen - ganz im Zeichen des Aufbruchs - des Aufbruchs in das 21. Jahrhundert, das, wie Sie es zu Recht genannt haben,"online-Jahrhundert"."Deutschland geht online" - hinter diesem kurzen und prägnanten Titel der diesjährigen Veranstaltung verbirgt sich die ganze Themenvielfalt des Wandels von der Industrie- zur Wissens- und Informationsgesellschaft. Es ist nunmehr das neunte Mal, dass Vertreterinnen und Vertreter deutscher, aber vor allem auch internationaler Medien in diesem Rahmen zusammenkommen, um sich über Status-quo und Perspektiven der Informationswirtschaft bei uns zu informieren. Ich begrüße Sie alle sehr herzlich in Deutschland und in der deutschen Hauptstadt und freue mich, dass Sie so zahlreich der Einladung der Telekom gefolgt sind. Sie werden selber sehen, dass, wie Herr Dr. Sommer völlig zu Recht gesagt hat, Deutschland, anders als es sich gelegentlich selbst darstellt, zur Weltspitze bei der Entwicklung zur Informationsgesellschaft zählt. Die Bundesregierung - darauf ist hinzuweisen - schreibt der Gestaltung des Informationszeitalters eine wirklich herausragende Rolle für die zukünftige wirtschaftliche und damit auch gesellschaftliche und soziale Entwicklung in Deutschland zu. Wir wollen, dass Informations- und Kommunikations-Technologien wesentlich stärker als bisher genutzt werden. Wenn ich "nutzen" sage, meine ich alle Bürgerinnen und Bürger, die Mitglieder meines Kabinetts eingeschlossen. Die Kompetenz in der Anwendung der Informations- und Kommunikations-Technologien entscheidet - Herr Dr. Sommer hat darauf hingewiesen - in starkem Maße sowohl über den wirtschaftlichen Rang eines Landes in der Staatengemeinschaft als auch über die beruflichen und damit Lebenschancen der Menschen in diesem Land. Deshalb ist es unser Anspruch, dass Deutschland auch im Informationszeitalter im internationalen Wettbewerb gerade auf diesem Gebiet stets mit an der Spitze marschiert. Wir stehen heute vor völlig neuen Dimensionen bei der Anwendung der neuen Kommunikations-Möglichkeiten mit großen Chancen für unsere Volkswirtschaft. Ich denke etwa an die Einführung der dritten Generation von Mobilfunksystemen. Die Frequenz-Vergabe für UMTS ist noch in diesem Jahr geplant. Nur wenn es uns gelingt, den Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft zu meistern, werden wir auch die Arbeitslosigkeit in den entwickelten Industriestaaten, zumal in Deutschland, wirklich nachhaltig bekämpfen und überwinden können. Allein in den vergangenen drei Jahren sind 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Informationswirtschaft entstanden. Kein anderer Sektor in unserer Volkswirtschaft weist eine solche Beschäftigungsdynamik auf. Seriöse Untersuchungen erwarten - wenn wir die Weichen richtig stellen, und das werden wir tun - allein in der Multimedia-Branche einen Beschäftigungsschub in der Größenordnung von bis zu 350 000 zusätzlichen Stellen, und zwar in erstaunlich kurzer Zeit, nämlich bis zum Jahr 2002. Aber auch in den klassischen Industrien werden Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssituation zunehmend von der Verwendung und der Kompetenz in den neuen Technologien bestimmt. Die Bundesregierung ist deshalb fest entschlossen, alles zu tun, dass das damit verbundene Beschäftigungs-Potenzial zu Gunsten unseres Landes auch wirklich ausgeschöpft wird. Dabei - darauf ist hingewiesen worden - können wir auf ein sehr solides Fundament aufbauen. Deutschland verfügt - gerade auf Grund der umfangreichen Investitionen der Deutschen Telekom - über eine ausgezeichnete, leistungsfähige Telekommunikations-Infrastruktur. Das ist ein Standortvorteil, auf den man nicht genug hinweisen kann. Deutschland spielt hier im weltweiten Vergleich ganz oben mit. So nehmen wir bereits jetzt etwa bei den ISDN-Anschlüssen, digitalen Hauptanschlüssen und TV-Kabelanschlüssen eine Spitzenstellung ein. Dieses Beispiel zeigt, dass wir in der Vergangenheit beim Aufbau der Infrastruktur für die Informationsgesellschaft gut vorangekommen sind. Wir müssen jedoch zur Kenntnis nehmen, dass wir bei der Anwendung der neuen Medien im internationalen Vergleich noch aufholen können und aufholen müssen. In Europa - das gilt es, kritisch einzusehen - rangiert Deutschland bei der Internet-Nutzung noch im unteren Drittel. Das darf auf gar keinen Fall so bleiben. Auch bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Informationstechnik und Telekommunikation bewegen sich die Deutschen nur im internationalen Mittelfeld. Das gibt die Wirtschafts- und Kaufkraft Deutschlands nicht in vollem Umfang wieder. Spiegelbildlich dazu ist die Bedeutung der Informations- und Kommunikationsbranche in anderen Volkswirtschaften, die mit uns konkurrieren, deutlich höher. So sind in den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Norwegen 9 Prozent der Beschäftigten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik tätig, bei uns aber nur 5 Prozent. Das wird und muss sich ändern. Das gemeinsame Ziel aller Verantwortlichen muss sein, diesen Abstand so rasch wie möglich aufzuholen. Mit diesem Ziel hat die Bundesregierung vor wenigen Monaten das Aktionsprogramm "Innovation und Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts" beschlossen. Herr Dr. Sommer hat dankenswerterweise darauf hingewiesen. Wir haben das Aktionsprogramm mit konkreten Zielmarken versehen. Dazu gehört: Die Zahl der Internet-Abonnenten an der Gesamtbevölkerung soll von derzeit 9 Prozent auf 40 Prozent im Jahr 2005 steigen. Alle Schulen wollen wir bis 2001 ans Netz bringen. Die Zahl der Multimedia-Unternehmen soll sich bis zum Jahr 2001 verdoppeln. Diese Zielsetzungen sind ehrgeizig. Um sie zu erreichen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen von Politik, Wirtschaft, aber auch aus der Gesellschaft selbst heraus. Aufgabe der Politik ist es dabei vor allem, die rechtlichen Rahmenbedingungen weiter zu verbessern und einen zukunftsfähigen Ordnungsrahmen für einen modernen Medienstandort zu schaffen. Zum einen brauchen wir funktionsfähige Wettbewerbsstrukturen. Mit der Öffnung der Telekommunikations-Märkte sind wir hier einen großen Sprung vorangekommen. Wettbewerbsorientierte Preise und moderner Service, die wir mit dieser Reform erreicht haben, sind eine Grundvoraussetzung für die breite Nutzung der neuen Möglichkeiten der Informationsgesellschaft. Zum anderen brauchen wir einen Rechtsrahmen, der Sicherheit und Vertrauen fördert und gleichzeitig unnötige Regulierungen vermeidet. Wir wissen, dass mangelndes Vertrauen in die Sicherheit ein Grund ist, der viele Anwender bis jetzt noch von der Nutzung abhält. Wir müssen alle miteinander diese Sorgen um die Sicherheit ernst nehmen und entsprechende Sicherheitsstandards verbessern. Beispielsweise durch "Verschlüsselung" und "elektronische Signatur". Hier ist die Politik übrigens auch deshalb auf eine enge Zusammenarbeit mit der Software-Industrie angewiesen, weil dort das Wissen um die technischen Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit in größerem Maße vorhanden ist, als das bei uns in der Politik und bei denen, die uns zuarbeiten, allein der Fall sein kann. Die Aktivitäten der Bundesregierung beschränken sich aber nicht auf die intelligente Ausgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir fördern auch ganz gezielt innovative Prozesse und Anwendungen im Bereich der neuen Medien. An vorderster Stelle steht dabei der "electronic commerce", den wir auch in Deutschland zur Erfolgsstory machen wollen und machen werden. Unsere Förderung setzt gezielt bei den kleinen und mittleren Unternehmen sowie dem Handwerk an. Viele dieser Unternehmen haben den "virtuellen siebten Kontinent", auf dem in elekronischen Kaufhäusern gekauft und verkauft wird, bislang weder entdeckt noch gar verstanden. Die von der Bundesregierung geförderten Kompetenzzentren für elektronischen Geschäftsverkehr leisten hier wertvolle Unterstützung. Unser erklärtes Ziel ist die Förderung der Vernetzung kleiner und mittlerer Unternehmen auf ein für Großunternehmen vergleichbares Niveau. Gleichzeitig wollen wir über einen von der Bundesregierung angestoßenen Gründerwettbewerb die Zahl der Multimedia-Unternehmen bis zum Jahr 2001 verdoppeln. Sie sehen, wir fördern mit dem Aktionsprogramm gezielt den Mittelstand in Deutschland. Selbstkritisch müssen wir heute allerdings feststellen: Auch vielen Bürgerinnen und Bürgern ist das Internet nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Offensichtlich ist es uns bislang nicht ausreichend gelungen, die Menschen in unserem Land von dem Nutzen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien so weit zu überzeugen, wie wir das aus wirtschaftlichen, aber auch aus gesellschaftlichen Gründen für richtig halten. Wir haben Nachholbedarf, den wir aufarbeiten müssen. Eine zentrale Rolle kommt hierbei den Unternehmen der Informationswirtschaft zu. Es ist ihre ureigene Aufgabe, über Servicequalität und Preisgestaltung Kunden von der Vorteilhaftigkeit ihrer Angebote zu überzeugen. Das, was wir heute von der Deutschen Telekom gehört haben, kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen. Verehrter Dr. Sommer, während Sie Ihre von Ihnen selbst gerade so bezeichneten commercials vorgelesen haben, die ja wirklich erstaunliche Angebote sind, habe ich mich gefragt: Wer überblickt dieses Feuerwerk von Angeboten und kann sie vor diesem Hintergrund nutzen? - Das wird der entscheidende Punkt sein. Wenn ich es richtig im Kopf habe, waren das allein sechs verschiedene Angebote. Nur habe ich die ersten drei schon wieder vergessen. Ich glaube, da brauchen wir eine Werbeoffensive. Ich denke, es gibt für Manni Krug viel zu tun. Wir haben natürlich auch die Aktionen, die Sie bisher gemacht haben, mit großer Freude zur Kenntnis genommen. So etwa die erfolgreiche Aktion "Frauen ans Netz", an der die Telekom maßgeblich beteiligt war. Solche Aktionen tragen dazu bei, weit verbreitete Berührungsängste vor dem Internet schlicht durch "Ausprobieren" abzubauen. Ich denke, das ist ein Erfolg in dem Bestreben, eine stärkere Zustimmung zu erreichen. Es kann und wird über kurz oder lang auch ein wirtschaftlicher Erfolg sein. Sehr geehrter Herr Dr. Sommer, Sie verstehen es, Ihre Angebote sehr gewinnend zu formulieren. Doch seien Sie versichert, wir verstehen schon, dass das, was Sie vorhaben, mittel- und langfristig auch geschäftlichen Erfolg bringen soll. Das wollen wir auch, weil die Bundesrepublik nicht unerheblich am geschäftlichen Erfolg der Deutschen Telekom interessiert ist. Ein Teil des Aktienbesitzes gehört uns bekanntlich noch. Das hat im Übrigen nichts mit "bunkern" zu tun. Es ist ein Besitz, der Freude macht, wenn ich das einmal so sagen darf. Man soll mit dem, was man hat, bekanntlich nicht prahlen. Darum will ich Einzelheiten hier nicht nennen. Aber wenn ich feststelle, dass durch die Ankündigung der wirklich vorzüglichen Steuerreform der Bundesregierung und durch den Hinweis, dass wir sie sogar im Kabinett beschließen, der Aktienkurs der Deutschen Telekom um nicht nur 8 Punkte, sondern um 8 Prozente nach oben geht, kann ich sofort errechnen, was das für Deutschland bedeutet. Wir sind um 40 Milliarden D-Mark reicher geworden. Dies ist zwar nur virtuelles Geld - das ist wahr. Dennoch ist nicht zu unterschätzen, was Sie erreicht haben. Wir dürfen selber keine Aktien haben - ich sage das gleich klar heraus, damit keine Recherchen angestellt werden müssen. Doch es ist wirklich eine freudige Angelegenheit für das Land - und dies ist auch Ergebnis einer sehr guten Arbeit der Telekom und vor allem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Unternehmens. Den Menschen den Nutzen der neuen Medien sichtbar zu machen, ist die eine Sache. Gleichzeitig müssen wir ihnen Wege aufzeigen, wie sie an der Entwicklung teilhaben und das Beste für sich daraus machen können. Wir brauchen neue Angebote für ein lebenslanges Lernen, damit Menschen jeden Alters Zugang erhalten in die Informationsgesellschaft. Die gleichberechtigte Teilhabe aller Bevölkerungskreise ist mir ein ganz wichtiges Anliegen. Es darf keine Spaltung der Gesellschaft in Menschen mit Zugang zu den neuen Informations- und Kommunikationsangeboten geben und jenen, die nicht ins Netz gelangen, weil sie es sich nicht leisten können oder weil sie es nicht gelernt haben. Diese Spaltung wäre sozial ungerecht, weil Menschen von einer entscheidenden Zukunftsentwicklung und damit auch von den Arbeitsmöglichkeiten und den Möglichkeiten, sich selbst bestätigt zu finden, abgeschnitten wären. Sie wäre aber auch in hohem Maße ineffizient. Denn die intellektuellen und kreativen Ressourcen der Menschen sind ein wichtiger Produktionsfaktor in der Informationsgesellschaft. Mir liegt daran, Folgendes klar zu machen: Wir haben früher die gleiche Verteilung von Chancen zur Bildung als ein humanes und soziales Anliegen gesehen. Dies zu Recht, und das ist es auch weiterhin. Aber heute kommt eine Begründung hinzu: Heute können wir diese Chancengleichheit im Bildungswesen nicht nur human und sozial, sondern auch ökonomisch begründen. Es ist in der Tat so, dass es sich die entwickelten Industriegesellschaften - zumal die deutsche - buchstäblich und im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten können, auch nur eine einzige Begabungsreserve im Volk unausgeschöpft zu lassen. Wenn es richtig ist - und es ist richtig - , dass die Produkte der Zukunft wissensbasierte Produkte sind - sie entstehen nicht zuletzt mit Hilfe der Informationstechnologien - , dann ist auch richtig, dass der breite Zugang zu den neuen Medien die Schlüsselfrage unserer zukünftigen Entwicklung ist. Unser Ziel ist es daher, bis zum Jahr 2001 allen Schulen den Zugang zum Internet zu eröffnen. Jeder Schülerin und jedem Schüler wird dann die Nutzung von Computern möglich sein. Diese Herausforderung können wir nur gemeinsam mit der Wirtschaft bewältigen. Sonst schaffen wir das schlicht aus materiellen Gründen nicht. Das Engagement der Telekom in diesem Bereich war immer beispielhaft. Die heute von Herrn Dr. Sommer angekündigte Offensive ist wirklich sensationell. Ich begrüße nachdrücklich die soeben bekanntgegebene Absicht der Deutschen Telekom, allen Schulen in Deutschland einen kostenlosen Internet-Zugang auf ISDN-Basis zur Verfügung zu stellen. Ich unterstreiche: "kostenlos" gilt hier für Anschluss und Nutzung. Die Telekom leistet damit einen ganz wesentlichen Beitrag, die heranwachsende Generation frühzeitig mit den Möglichkeiten des Internets vertraut zu machen. Das ist ein Stück wirklich gelebte public private partnership, meine Damen und Herren. Es ist - lassen Sie mich das mit allem Respekt sagen - ein Stück gesellschaftlicher Verantwortung eines großen deutschen Unternehmens, das auch ruhig Schule machen könnte. Wir müssen zusammen - und dazu ist die Mitarbeit von Anwendern, Herstellern und Software-Produzenten in der Initiative "D21" ganz besonders wichtig - ein wesentliches Defizit, das im letzten Jahrzehnt entstanden ist, aufarbeiten. Wenn ich "letztes Jahrzehnt" sage, will ich damit leise andeuten, dass ich jedenfalls nicht Schuld war. Was ist bei uns passiert? Wir haben zu spät damit begonnen, die Ausbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich aufzubauen. Wir haben zu spät damit begonnen, neue Berufsbilder zu entwickeln und neue Berufe zu genehmigen. In den Informationstechnologien könnten sofort 75 000 freie Arbeitsplätze besetzt werden, wenn wir die ausgebildeten Fachkräfte dafür hätten. Dass wir sie nicht haben, ist ein Versäumnis, das in der Vergangenheit entstanden ist, weil die Ausbildung nicht mitgehalten hat. Wir hatten vor, binnen drei Jahren die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Bereich von 14 000 auf 40 000 zu erhöhen. Wir sind schneller gewesen und mussten auch schneller sein. Wir haben es geschafft, bis zum Ende letzten Jahres 30 000 Ausbildungsplätze in diesem Bereich zur Verfügung zu stellen. Das war nur durch die Zusammenarbeit jener möglich, die in der Initiative "D21" zusammengeschlossen sind. Es war auch nur durch die exorbitanten Steigerungen möglich, die die Telekom bei der Ausbildung gemacht hat. Auch dafür sage ich Ihnen unumwunden ganz herzlichen Dank seitens der Bundesregierung! Wir müssen auf diesem Weg weitergehen, denn qualifiziertes Personal ist schlicht die Voraussetzung dafür, die enormen Wachstumsmöglichkeiten, die in diesem Bereich vorhanden sind, wirklich zu nutzen. Schließlich, hat das, was wir hier machen, mit dem allgemeinen finanz- und wirtschaftspolitischen Rahmen zu tun. Es liegt mir sehr viel daran, dass deutlich wird, dass Deutschland hier wirklich im Aufbruch ist. Das, was wir wirtschaftspolitisch tun, was wir unbeirrt in die Tat umsetzen werden, ist ein Dreiklang in der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Dieser Dreiklang besteht erstens aus einem harten Konsolidierungskurs. Konsolidierung ist kein Selbstzweck, sondern die Bedingung dafür, Ressourcen zu mobilisieren, um die zukünftigen Aufgaben, wie die, über die wir heute reden, anpacken zu können. Wir brauchen einen Konsolidierungskurs, um Mittel für die Gestaltung neuer Aufgaben frei zu bekommen. Das zweite Element dieses Dreiklangs ist das, was wir gegenwärtig in der Steuer- und Abgabenpolitik durchsetzen. Wir verfolgen eine doppelte Zielrichtung. Erstens lassen wir auf der Nachfrageseite insbesondere den aktiv Beschäftigten vom Bruttolohn netto mehr in der Tasche. Das ist nachfrageorientierte Politik für Familien und für die breiten Schichten der arbeitenden Menschen in unserem Land. Das soll es auch sein, dann angebotsorientierte Wirtschaftspolitik allein reicht nicht. Es muss eine ausreichende Anzahl Menschen geben, die sich die Produkte, die Sie anbieten, leisten und kaufen können. Aber die Angebotsseite zu vernachlässigen, wäre genauso falsch. Hier liegt der Grund für die Unternehmensteuerreform, die wir mit einem Schwerpunkt bei den kleinen und mittleren Unternehmen umsetzen. Die aber auch diejenigen begünstigt, die, wie die Deutsche Telekom, im internationalen Wettbewerb sind und sein müssen. Wir werden auf der staatlichen Ebene bei den Aktiengesellschaften einen Körperschaftsteuersatz von 25 Prozent durchsetzen. Hinzugerechnet werden müssen die in den Gemeinden sehr unterschiedlichen Gewerbeertragsteuersätze. Wir werden dafür sorgen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen sich, wenn sie es wollen, genauso behandeln lassen können wie die Körperschaften, und zwar durch die Einräumung einer Optionsmöglichkeit. Das ist die Angebotsseite, die uns wichtig ist. Zur Angebotsseite gehört nach meiner Auffassung ein weiterer sehr wichtiger Aspekt: In den Depots der großen Kapitalsammelstellen liegen Industriebeteiligungen - ich will nicht sagen nutzlos. Aber sie liegen dort, ohne dass um sie herum neue wirtschaftliche unternehmerische Aktivitäten gebildet werden und gebildet werden können. Das zieht einen Restrukturierungsbedarf in unserer Volkswirtschaft nach sich. Wir wollen diese Beteiligungen mobilisieren. Sie sollen auf den Markt, damit sich um sie herum neue unternehmerische und damit beschäftigungswirksame Entwicklungen vollziehen können. Das ist der Grund - und nicht, wie unsere verehrten Gegner bei den konservativen Parteien behaupten, dass wir nun die Partei des Großkapitals geworden wären - , warum wir sagen: Die Veräußerung dieser Beteiligungen wird nicht besteuert. Wir werden das unbeirrt durchsetzen. Ich bin sehr gespannt zu erleben, ob eine konservative Mehrheit im Bundesrat meint, das nicht mitmachen zu können, weil das großkapitalistische Allüren sind. Das wird eine interessante Diskussion. Vielleicht wird es dann in Deutschland auch wieder möglich, über Politik zu diskutieren und nicht im Schwerpunkt über andere Dinge. Das dritte Element des Dreiklangs, über den ich spreche, heißt Bündnis für Arbeit. Mir liegt daran, in diesem internationalen Kreis klar zu machen, dass dieses Bündnis für Arbeit eine Ergänzung zu den beiden ersten Elementen ist. Warum Ergänzung? In den ersten beiden Bereichen ist Politik handlungsfähig. Wir haben das unter Beweis gestellt. Im dritten Bereich, den ich mit "Bündnis für Arbeit" beschreibe, operieren die Tarifpartner: Gewerkschaften auf der einen und die Verbände auf der anderen Seite. Das Bündnis für Arbeit hat aus meiner Sicht das Ziel, das Handeln in diesem dritten Bereich zu koordinieren mit den ersten beiden Bereichen, in denen wir handeln können. Wir wollen nicht, dass die Festsetzungen über Arbeitszeit, Löhne und Gehälter sich unabhängig von den Zielen, die wir wachstums- und beschäftigungsorientiert für richtig halten, vollziehen. Hierzu brauchen wir keine Lohnleitlinien oder Anordnungen, sondern eine Diskussion über die Fragen: Was kann verteilt werden? Was muss reinvestiert werden? Wie müssen moderne Arbeitszeiten aussehen? Das ist gemeint mit dem Bündnis für Arbeit. Mir liegt daran, dass in diesem Land erkannt wird, dass eine Konsolidierungspolitik bei den öffentlichen Haushalten, eine wachstumsfördernde und sozial gerechte Steuerpolitik mit dem Handeln in jenem Sektor korrespondieren muss, der sich aus guten Gründen staatlichem Einfluss entzieht, der sich aber nicht gesellschaftlichem Einfluss und gesellschaftlichem Dialog entziehen darf. Das sind unsere Vorstellungen zur Entwicklung der Informationswirtschaft in Deutschland. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass wieder auf einem zentralen Gebiet die große Chance in Deutschland besteht und, wie ich ganz sicher bin, auch ergriffen wird, dass Gesellschaft, Wirtschaft und Staat eine wichtige Aufgabe Hand in Hand anpacken. Ich jedenfalls möchte gerne meinen Beitrag dazu leisten und habe deshalb heute mit Freude gehört, dass das größte Telekommunikationsunternehmen Deutschlands und eines der stärksten der Welt, auf das wir stolz sind, sich dieser Zusammenarbeit alles andere als verweigert, sondern sie im Gegenteil kräftig mit nach vorne bringt. Deswegen ist es mir auch eine Freude, natürlich nur virtuell das Band zur neuen Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom feierlich zu durchschneiden.