Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 06.09.2005

Anrede: Lieber Herr Vorsitzender, verehrter Volker Hauff, meine Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/10/884810/multi.htm


ich fand es schön, dass Volker Hauff von der Kontinuität seit 2001 gesprochen hat. In der Tat ist das so, und diese Kontinuität setzen wir miteinander fort über 2005, 2006 und 2007 hinaus.

Die fürchterliche Katastrophe, die der Hurrikan "Katrina" im Süden der Vereinigten Staaten von Amerika angerichtet ist, berührt uns alle. Dem amerikanischem Volk, insbesondere den Opfern und ihren Angehörigen, gilt in einer solchen Situation natürlich unsere Solidarität. Die Bundesregierung hat der amerikanischen Regierung alle Hilfe, die wir zu leisten im Stande sind, angeboten. Wir sind mitten in diesen Hilfslieferungen. Das betrifft Notverpflegung. Wir sind für den Einsatz von Pumpen vorbereitet. Wir sind vorbereitet für den Einsatz umfassender medizinischer Unterstützung, aber auch von Trinkwasseraufbereitung und der Lieferung von Notunterkünften. Übrigens: Wir leisten diese Hilfe nicht nur der historischen Verpflichtung wegen. Denn wir haben schließlich unglaublich viel Unterstützung aus den Vereinigten Staaten erfahren. Daran erinnern sich insbesondere die Menschen hier in Berlin. Darüber hinaus - unabhängig von Dankesschuld, die abzustatten ist - gibt es auch eine ganz normale Verpflichtung, einander in Not beizustehen. Die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland haben, etwa bei der Tsunami-Katastrophe, immer wieder bewiesen, in welchem Maße sie ihren relativen Reichtum nutzen, um Solidarität mit anderen Völkern zu beweisen. Ich finde das ein gutes Zeichen für die Intaktheit und die Solidarität einer Gesellschaft. Es ist ein gutes Zeichen für das, was wir gemeinsam anderen gegenüber leisten können. Wir sind also bereit zu tun, was immer möglich ist. Wir sind auch bereit - denn wir können das - , bei der Instandsetzung der Raffinerien Hilfe zu leisten. Ich freue mich darüber, dass der amerikanische Präsident das auch in einem Brief, den er mir geschrieben hat, anerkannt hat.

Ich will auf einen Punkt hinweisen, der Sie vielleicht in ähnlicher Weise interessiert wie mich. Wenn man sich einmal anschaut, was dort in den vergangenen Tagen schief gelaufen ist - das ist jetzt keine vordergründige Kritik; der Präsident selber hat das festgestellt; er hat selber deutlich gemacht, dass das, was es in den ersten Tagen an Hilfe gegeben hat, wie er es genannt hat, inakzeptabel gewesen sei - , dann müssen wir miteinander darüber nachdenken, was von Forderungen zu halten ist, die bei uns im Land erhoben werden, Leistungen des Staates zu privatisieren, was also die Entstaatlichung, der immer wieder das Wort geredet wird, wirklich bedeutet. Man sollte in einer solchen Situation sicher nicht übermütig, arrogant oder selbstgefällig sein. Dazu haben wir Deutschen überhaupt keinen Anlass. Aber es ist schon interessant darauf hinweisen zu können, dass es bei uns trotz aller Kritik an Bürokratie funktionierende Strukturen im Staatsaufbau gibt, die erlauben, Hilfeleistungen schneller und direkter zu machen. Wenn dann wie bei uns - das ist ein Kompliment, das ich gerade auch Initiativen, die hier versammelt sind, machen will - gleichsam Zivilcourage und zivile Leistungen aus der Gesellschaft selbst heraus kommen, wenn das zusammengeht, also funktionierende staatliche Strukturen und eine offene Gesellschaft, die Zivilcourage nicht nur sagt, sondern auch lebt, dann kann man mit solchen Katastrophen besser fertig werden, als wenn das fehlt. Deswegen sage ich hier mit großem Respekt vor dem, was Sie tun, was sich auf zahllose Initiativen aus der Zivilgesellschaft stützt: Gut, dass wir Sie haben und dass wir nicht nur darauf angewiesen sind, uns auf staatliche Leistungen zu stützen.

Diese Naturkatastrophe hat zu erheblichen Auswirkungen in der Erdöl- und Benzinversorgung in den USA geführt. Exakt das ist der Hintergrund für unsere Entscheidung, einen Antrag der Vereinigten Staaten bei der Internationalen Energieagentur zu unterstützen, Teile der Erdölbevorratung international abgestimmt auf den Markt zu bringen. Das war ein Zeichen konkreter Solidarität mit den Vereinigten Staaten. Der bisweilen geforderte nationale Alleingang - aus welchen Gründen auch immer - wäre erstens unsinnig gewesen und zweitens vor dem Hintergrund der eigenen Gesetzlichkeit auch gar nicht möglich. Es war notwendig, die weltwirtschaftlichen Auswirkungen durch die Preisexplosion bei Rohöl und Benzin einzudämmen. Die Marktreaktionen zeigen, dass jedenfalls Beruhigung zu gelingen scheint. Dennoch gilt: Die Gefährdung der weltwirtschaftlichen Entwicklung ist nicht gebannt. Der Preis für Rohöl, Benzin und Heizöl muss auf ein ökonomisch verantwortliches und vor allen Dingen auf ein den realen Gegebenheiten entsprechendes Maß zurückgeführt werden. Das ist notwendig für die Wirtschaft, aber auch für viele Privathaushalte, deren Einkommen durch höhere Heizkosten und gestiegene Kosten für die Wege zur Arbeit erheblich belastet werden.

Man muss sich das klar machen: Ein Dollar pro Barrel Rohöl weniger entlastet die deutsche Öl- und Gasrechnung um eine Milliarde Euro. Experten schätzen, dass ein ganz erheblicher Teil des Ölpreises auf reiner Spekulation beruht - einer Spekulation, die mit der Versorgungslage überhaupt nichts mehr zu tun hat. Diese Spekulation muss zurückgeführt werden, und zwar durch mehr Transparenz bei der Preisbildung. Gelegentlich wird darüber philosophiert, dass die Ökosteuer preistreibend sei. Das ist, wenn man sich die aktuelle Situation anschaut, völlig falsch. Die letzte Steigerung der Ökosteuer war im Jahr 2003. Damals betrug der Preis für Superbenzin pro Liter etwa 1,10 Euro, 1,15 Euro maximal. Jetzt liegt der Preis aber bei 1,45 Euro. Die Differenz streichen mächtige Erdölkonzerne ein. Ich finde, dass es an der Zeit ist, bezogen darauf auch einmal über Ethik und Verantwortlichkeit in der Wirtschaft nachzudenken, meine Damen und Herren. Denn so, wie die sich das vorstellen, geht es nicht. Ich habe versucht, auf dem G8 -Gipfel in Gleneagles mehr Transparenz im Markt zu schaffen. Die Initiativen dazu, die wir aus Deutschland heraus eingebracht haben, sind nicht auf Zustimmung aller Partner gestoßen, besonders nicht auf Zustimmung in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten von Amerika. Gleichwohl: Meine Hoffnung ist, dass man inzwischen einzusehen beginnt, dass dieser rein spekulative Teil des Preises sich nicht gehört und deswegen jetzt diese Initiativen unterstützt werden.

Ungeachtet der aktuellen Situation war der Ölpreis in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Das hängt unter anderem zusammen mit dem wachsenden Energiebedarf aufstrebender Nationen wie China und Indien. Wir wissen das alle. Aufgrund dieser Tatsache und angesichts dessen, was an Produktion nötig und möglich ist, zeigt sich, dass wir in einem Punkt nicht nachlassen dürfen, nämlich unabhängiger vom Öl zu werden, man könnte auch sagen "vom Öl weg zu kommen". Ich glaube, das ist wirtschafts- wie energiepolitisch eine der zentralen Herausforderungen. Oder, anders ausgedrückt: Einer nachhaltigen Energiepolitik muss nicht nur das Wort geredet werden, sondern sie muss getan werden. Jeder - das will ich hier sehr deutlich sagen - , der in Deutschland versucht, eine Rolle rückwärts in überwundene Kernenergie zu machen, schadet diesem Ziel. Das muss man immer wieder deutlich sagen. Denn das würde dazu führen, dass Investitionen, die die Großkonzerne in Deutschland in einer Größenordnung von 20 Milliarden Euro vorhaben - in Netze, aber auch in Versorgungseinrichtungen - , unterbleiben würden, wenn man ihnen die Möglichkeit schaffte, extrem viel Geld zu verdienen, ohne in eine wirklich moderne, effiziente und Energie sparende Technologie investieren zu müssen. Wir haben mit dieser Politik der Nachhaltigkeit in der Energiepolitik vor sieben Jahren begonnen, übrigens zu Zeiten niedriger Energiepreise. Wir sind damals - das weiß hier jeder - hart kritisiert worden, von der einen Seite prinzipiell, gelegentlich auch von Ihnen, weil wir nach Ihrer Auffassung zu zögerlich waren. Diese Kritik kann man offen und ordentlich miteinander austragen. Die andere Forderung, die heißt "zurück in die 60er, 70er oder 80er-Jahre", halte ich für hochgradig gefährlich. Die Energiepolitik, die auf nachwachsende Rohstoffe und auf erneuerbare Energien setzt, ist für eine verantwortlich handelnde Politik, für eine in diesem Sinne weitsichtige Politik ohne vernünftige Alternative.

Jetzt zahlt sich aus, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der Automobilindustrie und der Mineralölwirtschaft frühzeitig eine Strategie für alternative Kraftstoffe und Antriebe entwickelt hat. Das Ziel unserer Kraftstoffstrategie ist eindeutig: Über 2010 hinaus stehen Effizienzsteigerungen bei Otto- und Dieselmotoren im Vordergrund. Aber schon heute hat die Beimischung von Biokraftstoffen eine wachsende Bedeutung. Neben Hybridmotoren werden mittelfristig vor allem synthetische Kraftstoffe aus Biomasse eine ganz wichtige Rolle spielen. Hier tun sich für die Landwirtschaft, den Maschinenbau, den Export und die heimische Kraftstofferzeugung neue und wirtschaftlich hoch interessante Perspektiven auf. Die Bundesregierung hat sich bereits früh bei der Forschungsförderung auf diese sehr aussichtsreichen Kraftstoffe konzentriert. Biokraftstoffe haben wir von der Mineralölsteuer befreit. Ich glaube, das ist ein wichtiger Aspekt, der auch wirkt. Derzeit arbeitet die Deutsche Energieagentur an einer Realisierungsstudie für die neuen Biokraftstoffe, übrigens im Auftrag der Bundesregierung und - was wichtig ist - durchaus in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Bis 2010 soll eine großtechnische Anlage zur Herstellung dieser Kraftstoffe errichtet werden. Auf diesem Weg werden in Deutschland Biokraftstoffe bis 2010 einen Anteil von mehr als fünf Prozent am Kraftstoffmarkt erreichen.

Die Europäische Union wünscht, dass wir zwischen fünf und sechs Prozent schaffen. Gegenwärtig sind wir, glaube ich, etwa bei zwei. Das ist zu wenig. Wir sollten hergehen und sagen "warum setzen wir uns in der EU insgesamt nicht ein ehrgeizigeres Ziel und nehmen uns vor, bis 2010 so weit wie möglich zehn Prozent zu schaffen", sodass wir über das hinauskommen, was angedacht wird. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass niemand ernsthaft damit rechnen kann, dass wir zu alten Ölpreisen zurückkommen - als ich 1998 ins Amt kam, betrug der Preis rund 14 Dollar pro Barrel - , sollten wir diese Strategie, statt sie zu konterkarieren, eher verstärken. Übrigens muss man das auch tun in Zusammenarbeit mit den Mineralölkonzernen. Auch die müssen verstehen, dass dies mittel- und langfristig ohne vernünftige Alternative ist. Umso wichtiger wird dies, wenn man sich anschaut, was die Motorisierung wichtiger Teile der Welt, die heute Schwellenländer sind, für unser aller Zusammenleben bedeuten würde.

Meine Damen und Herren, unsere Energiepolitik ist aber auch notwendig, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Ohne Zweifel - wo sage ich das, wenn nicht hier - ist das eine der ganz großen Herausforderungen, die wir neben der Bekämpfung des Terrorismus und der friedlichen Lösung internationaler Konflikte haben, wenn nicht die zentrale Herausforderung des nächsten Jahrzehnts. Die Emission der weltweiten Treibhausgase ist seit 1990 um 20 Prozent gestiegen. Die Internationale Energieagentur rechnet damit, dass ohne Gegenmaßnahmen die

Emissionen bis 2030 um 60 Prozent steigen werden. Gleichzeitig halten die Klimaforscher einschneidende Reduktionen für erforderlich, um den Klimawandel zu begrenzen. Dies, meine Damen und Herren, macht deutlich, dass das Kyoto-Protokoll weiter entwickelt werden muss. 154 Länder, alle großen Industrieländer mit Ausnahme der USA und Australien, haben sich dem Kyoto-Protokoll angeschlossen. Ich will in diesem Zusammenhang sehr deutlich sagen: Forderungen aus dem Bundesverband der Deutschen Industrie, wir sollten aus dem Kyoto-Prozess aussteigen und uns Australien und den Vereinigten Staaten anschließen, sind unsinnig und werden natürlich auch in gar keiner Weise realisiert. Wir müssen vielmehr auf dem Weg verbindlicher Minderungsziele weiterkommen.

Die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien sind, davon bin ich fest überzeugt, eine wirklich wichtige Voraussetzung für verbesserten Klimaschutz. Es ist übrigens sehr interessant - Volker Hauff hat ja ganz kurz von Ihren Debatten berichtet - , dass sich diese Erkenntnis wirklich ganz schnell in vielen Ländern durchsetzt. Ich kenne kaum noch einen Staats- oder Regierungschefs, der nach Deutschland kommt und mit dem ich zu rede habe, insbesondere aus Entwicklungsländern und Schwellenländern, der nicht danach fragte "Wie habt ihr das hinbekommen, die Nr. 1 in der Welt auf dem Sektor der erneuerbaren Energien und dem Sektor der Einspartechnologien zu sein?". Was man immer wieder feststellt, ist, dass sie daran deshalb interessiert sind, weil sie davon ausgehen, dass das ihre Ressourcen eher schonen wird. Denn wenn es jemanden gibt, der im Kampf um extrem teuer gewordenes Öl eben nicht mithalten kann, dann sind es die Entwicklungs- und Schwellenländer. Die sind noch stärker betroffen, als wir es ohnehin sind, und die spüren das in ihren Volkswirtschaftsrechnungen unmittelbar. Deshalb gibt es eine große Chance, das, was wir miteinander in Gang gesetzt haben, auch weltweit beachteter zu machen, als es je zuvor gewesen ist. Ich denke, man sollte diese Möglichkeit nutzen und so, wie wir das auf der Klimakonferenz in Bonn seinerzeit gemacht haben, jedenfalls dafür sorgen, dass wir diese Art moderner Energie- und Wirtschaftspolitik nicht beenden und damit ein sehr gutes Beispiel für andere setzen. Sie wissen, dass Deutschland auf diesem Sektor führend ist; ich habe darauf hingewiesen.

Ein wesentlicher Schwerpunkt ist der effizientere Einsatz von Kohle und Gas in der Stromerzeugung. Bei der Ausgestaltung des Emissionshandels haben wir Anreize für diejenigen gesetzt, die in hocheffiziente Kraftwerke investieren. So hat ein heute erbautes Kraftwerk einen um 20 Prozent höheren Wirkungsgrad als ein 1985 errichtetes. Durch die Effizienzpolitik auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite nimmt Deutschland bei der Energieproduktivität zusammen mit Japan international einen Spitzenplatz ein. Wir steigern die Energieproduktivität jährlich um 2 Prozent, und ich finde, das ist der richtige Weg, um die Nachfrage nach Energieimporten zu vermindern und gleichzeitig den Klimaschutz voranzubringen. Was übrigens gerne eingewendet wird, ist, dass diese Politik Arbeitsplätze gefährde. Es gibt nichts Unsinnigeres als diesen Satz, der im Grunde aus der Steinzeit der Debatte über das Verhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie stammt. Diese Politik erhält und schafft Arbeitsplätze, und vor allen Dingen eröffnet sie bisher unbekannte Chancen auf den internationalen Märkten. Man kann das auch nachweisen: Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Seit 1998 hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 10 Prozent verdoppelt. Deswegen stehe ich auch zu dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis 2020 auf 20 Prozent zu steigern.

Meine Damen und Herren, welchen Weg Länder wie China oder Indien, aber auch die USA, bei den jetzt anstehenden Investitionen zum Ausbau und zur Modernisierung der Energieversorgung einschlagen, ist von wirklich entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Klimaschutzes, aber auch für die Höhe der Energiepreise. Es hat keinen Sinn, die Entwicklungshilfe zu erhöhen - das ist an sich sinnvoll - und den Entwicklungsländern gleichzeitig das Öl im wahrsten Sinne des Wortes "wegzukaufen". Wenn die das, was sie von uns an Entwicklungshilfe - ich stehe zu den Vereinbarungen, die wir in Gleneagles getroffen haben - mehr bekommen - bis 2015 wollen wir eine Quote von 0,7 Prozent erreichen - , für die Ölrechnung ausgeben müssen, dann haben wir alle mit Zitronen gehandelt. Das darf nicht sein. Deswegen ist die von uns begonnene Strategie des "Weg vom Öl" beispielhaft für uns selbst, aber auch hilfreich für die Entwicklungsländer. Es wäre falsch, zu warten, bis in einem langen Verhandlungsprozess ein zweites Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 geschlossen wird. Vielmehr sollten die großen Industrie- und Schwellenländer vorangehen und sich auf eine gemeinsame Strategie und Zusammenarbeit zur Modernisierung der Energieversorgung verständigen. Das wäre ein Beitrag zum weltweiten Klimaschutz und zur effektiven Hilfe für die Entwicklungsländer. Dazu gehört die Entwicklung und der Einsatz moderner Technologien ebenso wie Effizienzstandards auf der Angebots- und auf der Nachfrageseite sowie, ich sage es noch einmal, der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien. Wir haben einen ersten Schritt in diese Richtung beim Gipfeltreffen der G8 in Gleneagles gemacht. Die richtigen ökonomischen Anreize sind aber mindestens so wichtig wie gut gemeinte Absichtserklärungen, wenn nicht wichtiger als sie. Ein wichtiger Anreiz sind die nach dem Kyoto-Protokoll möglichen Klimaschutzprojekte in den Entwicklungsländern. Dafür können sich Unternehmen in Europa Emissionsrechte gutschreiben lassen. Für einen Bruchteil der Kosten kann in den Entwicklungsländern die Effizienz von Kraftwerken gesteigert und der Energieverbrauch von Maschinen deutlich vermindert werden. Ein zweiter, ganz wichtiger Schritt könnte die Einbeziehung der USA und der großen Schwellenländer in den internationalen Emissionshandel sein.

Meine Damen und Herren, das alles sind Möglichkeiten, die es gibt. Ich denke, Sie werden verstehen, wenn ich mir Sorgen darüber mache, dass der eine oder andere denkt, in einer bestimmten Situation könne man das, was sich als erfolgreich erwiesen hat und was im Interesse der großen Ziele, die ich genannt habe, weitergeführt werden muss, einfach über Bord werfen, weil es einem in die Tagesaktualität passt. Ich halte das für eine verhängnisvolle, jedenfalls nicht an Nachhaltigkeit orientierte Politik. Ich möchte zum Schluss dem Rat und Ihnen allen für die Rolle als Impulsgeber und auch als Mahner danken, übrigens auch da, wo es unbequem war, und das ist viele Male der Fall gewesen; das kann man nicht bestreiten. Viele Anregungen - das können Sie nicht bestreiten - haben wir aufgegriffen, einige nicht. Der Dialog mit dem Rat, aber auch der Dialog mit den Umweltverbänden, der gelegentlich noch schwieriger ist, hat Erfolge gebracht. Es war ein Dialog über den richtigen Weg, der uns und, hoffe ich, in dem einen oder anderen Fall auch unseren Gesprächspartner weiter gebracht hat. Wichtig ist mir, das werden Sie verstehen, auch der Wirtschaft gegenüber deutlich zu machen, dass sie selbst eine Verantwortung für - sagen wir es ruhig so - den Erhalt der Schöpfung und dafür hat, dass man heute nicht aufessen darf, wovon unsere Kinder und deren Kinder schließlich auch noch leben wollen. Die haben ein Recht auf Fairness, und wir müssen ihnen dieses Recht gewähren, und zwar heute, ehe es zu spät ist. Nachhaltigkeit, das ist mir deutlich geworden, kann nicht von uns, der Regierung, verordnet werden. Wirtschaft, Wissenschaft und auch Konsumenten spielen eine ebenso wichtige Rolle. Auf die gesellschaftlichen Akteure, auf die Unternehmen und Konsumenten, kommt es also mindestens ebenso an wie auf eine an Nachhaltigkeit orientierte Regierungspolitik. Das ist der Grund - ich wiederhole, was ich eingangs sagte - , aus dem ich großes Interesse daran habe, diesen Dialog mit Ihnen in der Weise fortzusetzen, in der wir das die letzten Jahre über gemacht haben. Ad multos annos, meine Damen und Herren!