Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 01.12.2005

Anrede: Sehr geehrte/r Herr Präsident/ Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2005/12/2005-12-01-rede-von-kulturstaatsminister-bernd-neumann-bei-der-aussprache-zur-regierungserklaerung-am-1-d,layoutVariant=Druckansicht.html


Die Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, ist in ihrer gestrigen Regierungserklärung, die Anlass unserer Debatte ist, ausführlich auf die Bedeutung der Kultur eingegangen. Sie hat damit der Kulturpolitik einen herausgehobenen Stellenwert gegeben.

Sie hat unter anderem gesagt, ich wiederhole das gern: "Unsere kulturelle Vielfalt ist einzigartig. ( ... ) Unsere Kultur ist die Grundlage unseres Zusammenhaltens. Deshalb ist Kulturförderung für diese Regierung keine Subvention. ( ... ) Sie ist eine Investition, und zwar eine Investition in ein lebenswertes Deutschland."

Wann ist dieses von so hoher politischer Ebene jemals so deutlich gesagt worden!

Die Kanzlerin hat zudem betont, dass auch der Bund neben den Ländern und Kommunen - Zitat - "auch in Zukunft eine Reihe wichtiger Kulturaufgaben wahrnehmen wird. Deutschland - und nicht nur die Summe der 16 Bundesländer - ist schließlich eine europäische Kulturnation."

Kultur- und Medienpolitik sind deshalb selbstverständliche, integrale Bestandteile unserer Regierungsarbeit, und die Koalitionsvereinbarung von Union und SPD bietet dafür eine gute Grundlage.

Ich weiß, Herr Kollege Otto, das ist Ihnen immer noch zu wenig, aber bis die FDP mal wieder in der Regierung ist, werden wir mit diesen Aussagen sehr gut arbeiten können.

Im Übrigen hätte eine Koalitionsvereinbarung zwischen CDU / CSU und FDP im Bereich von Kultur und Medien nicht viel anders ausgesehen. Deshalb gehe ich davon aus, lieber Kollege Otto, dass Sie uns tatkräftig unterstützen, insbesondere auch in Ihrer Rolle als neuer Ausschussvorsitzender, wozu wir Ihnen herzlich gratulieren.

Bevor ich zu einigen Sachpunkten komme, eine kurze Bemerkung zum Amtsverständnis und zur Rolle des BKM, worüber ja in Verbindung mit der Personalentscheidung viel geschrieben wurde. Die Aussage unter anderem vom Kulturrat, durch die geplante Föderalismusreform würde der Kulturstaatsminister geschwächt, ist nicht haltbar. Es wäre besser gewesen, die Kritiker hätten sich den vorgesehenen neuen Europa-Artikel im Grundgesetz genau angesehen.

Nur dann, wenn in Brüssel ein Thema ansteht, das im Schwerpunkt der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis der Länder unterliegt, ist ein Vertreter des Bundesrates Verhandlungsführer, allerdings immer in der Verpflichtung, sich vorher mit dem Bund abzustimmen und die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

Mit dieser Festlegung bestätigen die Länder - und das ist wichtig - eine "ungeschriebene" Bundeskompetenz auch für Kultur im Grundsatz; das heißt, in all den Fragen, die im Schwerpunkt nicht unter die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen, wird der Bund wie bisher die Verhandlungsführung in Brüssel wahrnehmen ( also z. B. im europäischen Urheberrecht, Folgerecht, Umsetzung von EU-Richtlinien usw. ) .

Im Übrigen ist für mich nicht so entscheidend, wer gerade die Delegation leitet, sondern dass das Verhandlungsziel mit dem Bund abgestimmt sein muss. Sie können deshalb davon ausgehen, dass ich meine Rolle in Brüssel sehr selbstbewusst wahrnehmen werde.

Da Professor Nida-Rümelin in der neuesten ZEIT-Ausgabe sich mit einer angeblichen, kritischen Äußerung von mir zu meinen Amtsvorgängern auseinandersetzt, die ich nie gemacht habe, lassen Sie mich folgendes feststellen: Alle meine Vorgänger haben mit Engagement und Kompetenz das neu geschaffene Amt des BKM erfolgreich mit Leben erfüllt, jeder auf seine Weise. Besonders danken möchte ich aber meiner unmittelbaren Vorgängerin, die mit hoher Sachkunde und sympathischer Gelassenheit einen "prima Job" gemacht hat. Ich meine Christina Weiss.

Ich stehe in engem Kontakt zu ihr, konnte ihre Erfahrung aufgrund eines ausführlichen Gespräches bereits nutzen und werde das auch weiter tun.

Nun, die heutige Redezeit ist kurz, die Legislaturperiode aber lang. Sie kennen die Koalitionsvereinbarung, sie enthält einige grundsätzliche wie eine ganze Reihe konkreter Aussagen. Ich möchte mich deshalb nur auf einige Anmerkungen beschränken.

Die wesentlichste Aufgabe der Kulturpolitik auf Bundesebene liegt in der Gestaltung und möglichen Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kultur. Dazu gehören unter anderem die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, die Stabilisierung der Künstlersozialversicherung, ein künstler- und autorenfreundliches Urheberrecht, ein besonderes Engagement für die neuen Länder sowie die Wahrnehmung der besonderen Verantwortung für die Kultur in der Hauptstadt Berlin.

Auf europäischer Ebene und darüber hinaus wollen wir Vereinbarungen, die unsere kulturelle Vielfalt schützen, die es verhindern, dass Kultur zur bloßen Handelsware herabgesetzt wird und die der nationalen Verantwortung, zu der auch die Eigenverantwortung von Kommunen und Bundesländern gehören, den Freiraum, die Autonomie belassen, die ja überhaupt erst kulturelle Vielfalt möglich machen.

Für den deutschen Film, mein bisheriges Engagement ist ja bekannt, haben wir nicht nur in der Koalitionsvereinbarung, sondern bereits in der ersten Arbeitssitzung des Kabinetts, eine wichtige Weichenstellung im Hinblick auf die Mobilisierung privaten Kapitals vorgenommen, wobei ich bei deren Umsetzung auf Ihre tatkräftige Mithilfe rechne.

Im Medienbereich wird die Deutsche Welle im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen. Sie muss "in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gestärkt werden", damit Deutschland in seiner ganzen Vielfalt als verantwortungsbewusster Partner in der Welt wahrgenommen wird.

Wir wollen eine enge Kooperation mit ARD und ZDF, um die Aktualität und Attraktivität des deutschen Auslandsfernsehens zu verbessern.

Meine Damen und Herren, es ist viel zu tun und noch viel mehr, als das, was in der Koalitionsvereinbarung steht. Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung der Kulturpolitiker aller Fraktionen, der Bedeutung der Kultur und ihrer Förderung auch mit Blick auf den Haushalt Nachdruck zu verleihen. Bei dieser Anstrengung hoffe ich nicht nur auf Unterstützung von den Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition, sondern hier ist eine Allparteien-Koalition für die Kultur das beste Signal.

Vielen Dank!