Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 01.06.2006
Untertitel: Zur Ersten Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung des UNESCO-Übereinkommens vom 14.November 1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut erläuterte Staatsminister Neumann den langen Werdegang der Ratifizierung und wies auf die nunmehr zügige Umsetzung hin.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/06/2006-06-01-erste-lesung-des-gesetzentwurfes-zum-unesco-uebereinkommens-ueber-massnahmen-zum-verbot-und-zu,layoutVariant=Druckansicht.html
die Bundesregierung hat am 15. Februar dieses Jahres den Gesetzentwurf "zur Ausführung des UNESCO-Übereinkommens vom 14. November 1970 über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut" im Kabinett beschlossen. Damit wird nach 35 Jahren die gesetzliche Grundlage dafür gelegt, das UNESCO-Übereinkommen in deutsches Recht umzusetzen. Das ist unbestreitbar ein Erfolg, und damit ist heute ein guter Tag für den Kulturgüterschutz in Deutschland.
Über Jahrzehnte standen sich die verschiedenen Interessen der von dem Gesetz Betroffenen gegenüber, und eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Warum, fragt man sich heute, hat sich die Bundesrepublik damit so lange dem internationalen Standard des Kulturgüterschutzes verweigert? Denn im Grunde handelt es sich ja auf den ersten Blick um einen einfachen Sachverhalt: Das Ziel des UNESCO-Abkommens von 1970 war es, den illegalen Handel mit Kulturgut auf internationaler Ebene zu bekämpfen. Die Vertragsstaaten sollten selbst alles tun, um das eigene Kulturgut vor Raubgrabungen, Diebstahl und vor unzulässiger Ausfuhr zu schützen. Sie sollten sich außerdem verpflichten, den Kulturgutschutz der anderen Vertragsstaaten zu respektieren.
Das bedeutet, die Vertragsstaaten sollten aus einem Land illegal ausgeführtes wertvolles Kulturgut sofort zurückgeben, es sollten Export- und Importbeschränkungen errichtet werden, und es sollte für den Handel Aufzeichnungspflichten für bedeutsames Kulturgut geben, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, den Weg illegal verbrachten Kulturgutes zurückzuverfolgen.
Das war der weitgesteckte Rahmen. Die Schwierigkeiten aber steckten im Detail: Ist das Kulturgut nicht bereits durch schon vorhandene Regelungen ausreichend geschützt? Welches Kulturgut sollte überhaupt geschützt werden? Und belastet man nicht übermäßig den freien Kunsthandel? Das waren politisch und auch juristisch heikle Fragen, die die Umsetzung immer wieder aufhielten.
Dass Deutschland die Konvention nicht umgesetzt hat, hatte Konsequenzen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: In Berlin tauchten Ende des vergangenen Jahres ägyptische Antiquitäten auf, darunter drei Sarkophage. Die mit dem Transport betraute Spedition legte eine Ausfuhrgenehmigung des ägyptischen Staates vor und beantragte gleichzeitig bei der zuständigen Senatsverwaltung eine Ausfuhrgenehmigung von Deutschland in die USA. Die Berliner Beamten wurden aber misstrauisch und befragten Kunstsachverständige. Diese stellten klar, dass es mit der ägyptischen Ausfuhrgenehmigung unmöglich seine Richtigkeit haben konnte. Dem daraufhin alarmierten Auswärtigen Amt blieb nun nichts anderes übrig, als die Botschaft Ägyptens per Verbalnote zu informieren und ihr den guten Rat zu geben, die Botschaft möge sich nun an die deutschen Gerichte wenden, um ihre strafrechtlichen und zivilrechtlichen Rechte zu wahren - die Bundesregierung und die Senatsverwaltung Berlins verfügten über keine rechtliche Handhabe, die Ausfuhrgenehmigung in die USA zu verweigern oder die Objekte zu beschlagnahmen. Das ist ein absolut unbefriedigender Zustand und einer Kulturnation unwürdig. Ich bin froh, dass dieser Zustand nun ein Ende finden wird.
Ich will die wichtigsten Punkte unseres Gesetzentwurfs nennen: Als wichtigste Regelung gibt es künftig einen Rückgabeanspruch für national wertvolles Kulturgut zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den UNESCO-Vertragsstaaten. Das bedeutet, dass künftig der illegal aus Ägypten ausgeführte Sarkophag im dem genannten Fall in Deutschland sichergestellt werden kann, da der Verdacht der illegalen Ausfuhr und der Rückgabepflicht besteht. Die Ausfuhr des Sarkophags aus Deutschland stünde dann unter Strafe und die Rückgabe an Ägypten wäre möglich.
Zweitens gibt es Einfuhrregelungen, die die Verbringung solcher Gegenstände nach Deutschland verhindern sollen, die kulturelles Erbe eines anderen Vertragsstaates sind und deren Ausfuhr dort verboten ist.
Drittens: Der Gesetzentwurf enthält Aufzeichnungspflichten für gewerbliche Kunsthändler und Versteigerer. Sie sind so gestaltet, dass sie mit bereits vorhandenen Aufzeichnungspflichten im Steuer- und Handelsrecht korrespondieren. Der vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf sieht hier nun Regelungen vor, die praktikabel sind und die letztlich auch die Kritiker der Umsetzung in deutsches Recht überzeugt haben.
Wir haben uns bei der Erarbeitung aller Bestimmungen von dem Grundsatz leiten lassen: so viel Kulturgutschutz wie möglich, so viel Praktikabilität wie nötig. Dennoch gibt es auch weiterhin Kritik an den gefundenen Regelungen.
Den Archäologen geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. Wir haben uns mit vielen Experten intensiv auseinandergesetzt. Wir sind aber zu dem Schluss gekommen, dass die Kritikpunkte einer genaueren Prüfung nicht standhalten. Denn die kritisierten Sachverhalte werden durch die Umsetzung der UNESCO-Konvention schlicht nicht geregelt. Hier ist Kritik am Gesetzentwurf unangebracht.
Dem Kunst- und Antiquitätenhandel wiederum geht der Gesetzentwurf zumindest in Teilen zu weit. Allerdings vernehme ich nun auch immer mehr grundsätzliche Zustimmung zu dem Gesetzentwurf von dieser Seite. Das freut mich, denn dem guten Ruf der Branche kann dieser Gesetzentwurf nur dienen.
Wir haben 35 Jahre nach Unterzeichnung des UNESCO-Ãœbereinkommens die Umsetzung in deutsches Recht auf den Weg gebracht. Wir haben damit ein wichtiges kulturpolitisches Zeichen gesetzt.
Ich würde mich freuen, wenn der Gesetzentwurf eine breite Unterstützung im Deutschen Bundestag findet.