Redner(in): Gerhard Schröder
Datum: 14.04.2000
Anrede: Sehr geehrter Herr Schreier, sehr geehrte Damen und Herren,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://archiv.bundesregierung.de/bpaexport/rede/16/8116/multi.htm
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Heidelberger Druckmaschinen AG!
Heute ist ein guter Tag für "Ihr" Unternehmen und - wie ich denke - auch ein guter Tag für Heidelberg und die ganze Region.
Ich gratuliere - auch im Namen der gesamten Bundesregierung - zum 150jährigen Bestehen der Heidelberger Druckmaschinen. Und ich freue mich, dass heute die Print Media Academy als Zentrum für Kommunikation, Qualifizierung und Wissen eingeweiht wird.
In diesen Tagen und Wochen ist viel von der "New Economy" die Rede. Die Zukunft scheint ausschließlich den neu gegründeten, schnell wachsenden und an die Börse strebenden Unternehmen zu gehören, die sich in Internet, E-commerce und Multimedia tummeln.
Darüber wird häufig vergessen, dass die "Neue Ökonomie" untrennbar mit der traditionellen Wirtschaft verbunden ist. Sie hat dort ihre Wurzeln, und beide Bereiche sind wechselseitig aufeinander angewiesen, um Erfolg zu haben.
Die Heidelberger Druckmaschinen sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Übergänge zwischen alter und neuer Ökonomie fließend sind. Sie blicken heute auf eine 150-jährige Geschichte zurück und sind zugleich im besten Sinne des Wortes ein Unternehmen der "New Economy".
Sie haben den Weg vom Druckmaschinenhersteller zum Anbieter kompletter Lösungen für die gesamte Druck- und Verlagsindustrie geschafft und die digitale Zukunft bereits fest im Visier.
Und Sie haben die Bedeutung von Ausbildung und Qualifizierung für die Ökonomie der Zukunft erkannt. Mit der Print Media Academy schaffen Sie ein Kompetenzzentrum, das Vorbild sein könnte für viele andere Unternehmen.
Wir könnten die Diskussion um die "Green Card" für ausländische IT-Fachkräfte viel entspannter führen, wenn die eigenen Qualifizierungsanstrengungen überall "Heidelberger Niveau" erreichten.
Meine Damen und Herren,
in der deutschen Wirtschaft und bei den Konsumenten hat es einen Stimmungsumschwung gegeben.
Wo vor einem Jahr noch Unsicherheit, Zukunftspessimismus und Zurückhaltung bei Kauf- und Investitionsentscheidungen vorherrschten, breiten sich jetzt wachsende Zuversicht und Aufbruchstimmung aus.
Es ist keineswegs nur die "New Economy", in der sich Dynamik und Wachstum entwickeln. Die gesamte deutsche Wirtschaft befindet sich im Aufschwung.
Die weltwirtschaftlichen Turbulenzen sind überwunden. Die Exporte nehmen kräftig zu.
Und - was noch wichtiger ist - die Inlandsnachfrage erholt sich nach jahrelanger Schwäche.
Für dieses Jahr erwarten wir ein reales Wachstum in der Größenordnung von 2,5 Prozent.
Die Experten der Deutschen Bank haben sogar 3 Prozent prognostiziert. Wir sind bescheidener, aber wenn es 3 Prozent werden, soll uns das auch recht sein.
Akute Gefahren für den Aufschwung sind nicht erkennbar. Die Bundesbank hat vor kurzem darauf hingewiesen, dass sie die Preisentwicklung in Deutschland für unbedenklich hält.
Mit der absehbaren günstigen Wachstumsentwicklung rückt unser wichtigstes Ziel näher, nämlich der schrittweise Abbau der Massenarbeitslosigkeit.
Im Jahreswirtschaftsbericht gehen wir für dieses Jahr von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 200 000 Personen aus. Dieses Ziel werden wir erreichen. Im März gab es knapp 148.000 Arbeitslose weniger als ein Jahr zuvor.
Es bestehen gute Aussichten, die Arbeitslosigkeit erstmals seit 1996 wieder unter die 4 Millionen-Grenze zu senken.
Das ist ein guter Anfang, aber er reicht mir nicht. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bleibt ganz oben auf der Tagesordnung.
Meine Damen und Herren,
angesichts der großen Herausforderungen und der ehrgeizigen Ziele, die wir uns gesteckt haben, ist ein in sich schlüssiger und stimmiger wirtschaftspolitischer Kurs notwendig.
Wir setzen auf einen Dreiklang, das heißt auf folgende Elemente: Haushaltskonsolidierung ( Zukunftsprogramm ) ; Steuersenkungen ( Steuerentlastungsgesetz, Steuerreform 2000 ) ; Sozialer Dialog ( Bündnis für Arbeit ) .
Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist ein wichtiger Teil des Zukunftsprogramms, das wir im vergangenen Sommer auf den Weg gebracht haben.
Mit ihm gestalten wir die Grundlagen für die Zukunft unserer Kinder, denn für uns ist Sparen kein Selbstzweck.
Sparen ist für uns die Voraussetzung dafür, dass der Staat handlungsfähig bleibt, dass er sozialen Schutz sichern kann, dass er helfen kann, Beschäftigung zu organisieren, und dass er etwas für Bildung und für Innovationen tun kann.