Redner(in): Bernd Neumann
Datum: 20.09.2006
Untertitel: Staatsminister Bernd Neumann hat heute auf dem Messegelände in Berlin Europas größte Musikmesse "Popkomm" eröffnet. Nach der Eröffnungsveranstaltung machteder Staatsminister gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, einen Rundgang zu den Ständen verschiedener Aussteller.
Anrede: Anrede,
Quelle (evtl. nicht mehr verfügbar): http://www.bundesregierung.de/nn_914560/Content/DE/Archiv16/Rede/2006/09/2006-09-20-rede-neumann-popkomm,layoutVariant=Druckansicht.html
ich bitte um Nachsicht, dass ich hier verspätet eintreffe, aber die Sitzung des Deutschen Bundestages und wichtige Kabinettsvorbesprechungen ließen ein früheres Eintreffen nicht zu. Die Redner vor mir haben sicherlich zur Bedeutung der Popkomm als der europaweit größten Musikmesse etwas gesagt und auch darauf hingewiesen, dass die Popkomm in diesem Jahr so international wie nie zuvor ist. Ich bin heute hier hergekommen, um als Kulturstaatsminister zu demonstrieren, dass auch aus Sicht der Bundesregierung die Musik und insbesondere die Popmusik, die den Schwerpunkt der Popkomm darstellt, wichtig ist und als Wirtschaftsgut einen Faktor darstellt, der nicht zu unterschätzen ist.
Ich bin inzwischen aus dem Alter heraus, in dem ich viel Popmusik höre. Das heißt aber nicht, dass ich sie aus den Augen verloren hätte. Im Gegenteil: Seit einigen Jahren schon haben wir uns in der CDU / CSU-Bundestagsfraktion mit der Pop-Musik beschäftigt.
Im Jahr 2002 haben wir auf Initiative von Steffen Kampeter, der nicht nur die Branche wie kein zweiter kennt, sondern auch alle neuen musikalischen Entwicklungen interessiert verfolgt, eine große Anfrage in den Bundestag eingebracht mit der Überschrift "Bestandsaufnahmen und Perspektiven der Rock- und Popmusik in Deutschland" und diese dann in Parlament und Ausschüssen intensiv diskutiert. Damit wurde auch auf Bundesebene der Rock- und Popmusik der Stellenwert eingeräumt, der ihr zukommt. Ich freue mich,
dass deutschsprachige Popmusik heute beliebter denn je ist - ich denke zum Beispiel an Silbermond oder Annett Louisan, die ich bei einer Veranstaltung der Phonoverbände Anfang des Jahres und auch auf der MIDEM in Cannes hören und schätzen lernen konnte, und ich erinnere mich an Juli, denen ich dieses Jahr bei der MIDEM den "European Boarder Breakers Award" verleihen durfte.
In einer Tageszeitung las ich neulich die Überschrift: "Die Popkomm boomt, doch die Branche schwächelt!" Das ist für die Popkomm erfreulich, aber wichtig ist schon, dass sich die deutsche Musikindustrie gegen die Konkurrenz aus dem Ausland behaupten kann in unserem eigenen Land wie auch international. Mein Ministerium hatte sich aus diesem Grund schon in der Vergangenheit um die Förderung des Exports deutscher Rock- und Popmusik bemüht. In Abstimmung mit den Verbänden der deutschen Musikwirtschaft konnte 2003 im Sinne einer Private Public Partnership das Musikexportbüro "GermanSounds" geschaffen werden, das mein Haus mit rund
300.000 Euro als Anschubfinanzierung unterstützt hat. Heute, nach fast vier Jahren, lässt sich als Zwischenbilanz festhalten, dass die Bemühungen von "GermanSounds" um die Verbesserung der Exportchancen deutscher Rock- und Popmusik nicht erfolglos waren. Und das, obgleich es sich dabei um ein wirklich schwieriges Geschäft handelt. Dennoch ist "GermanSounds" hinter den Erwartungen und Hoffnungen der Musikindustrie zurückgeblieben. Man war sich einig, dass es so nicht weitergehen konnte. Die Förderung des Bundes war als Anschubhilfe und nicht als Dauerförderung gedacht. Aber ich möchte an dieser Stelle erklären, dass wir für ein neues Projekt offen sind.
Wie ich höre, gibt es in der Branche erste Überlegungen zu einer "Initiative Musik", die das Ziel haben soll, die Rahmenbedingungen für deutsche populäre Musik hier und im Ausland nachhaltig zu verbessern. Ich halte diese Idee für unterstützenswert, wenn sie mit einem schlüssigen Konzept unterlegt ist und sich auch die Musikbranche an ihr beteiligt. Der Schwerpunkt könnte auf der Nachwuchsförderung liegen, die in Deutschland weiter ausgebaut werden müsste. Der in unserem Land erfolgreiche Nachwuchs sollte auch international unterstützt werden. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass mein Haus schon seit einiger Zeit den Nachwuchs in der Rock- und Popmusik fördert. So stellen wir beispielweise dem Deutschen Musikrat und der deutschen Rockmusikstiftung seit 2005 jährlich ungefähr 200.000 Euro für das Projekt "PopCamp" zur Verfügung. Für die "Initiative Musik" sollte das Bundeswirtschaftsministerium mit ins Boot geholt werden. Ich würde es begrüßen, wenn es gelänge, an der Schnittstelle von Kreativität und Wirtschaft ein solches Projekt auf den Weg zu bringen, das den Charakter einer Public Private Partnership hat. Alle Vertreter der Musikindustrie sind herzlich eingeladen mitzumachen, denn ohne sie geht es nicht.
Die "Initiative Musik" käme auch zu einem guten Zeitpunkt. Denn nach den Verlusten der vergangenen Jahre sinkt der CD-Verkauf in diesem Jahr im Vergleich zu den Zahlen des Vorjahrs nicht mehr. Das gibt zumindest Anlass zu der Hoffnung, dass das Tal der Tränen bald durchschritten ist. Wir sollten diese Chance nutzen.
Lassen Sie mich auf ein Problem eingehen, von dem ich weiß, dass es der Musikindustrie das Leben schwer macht. Ich spreche davon, dass das Ausmaß der sogenannten Internetpiraterie trotz des Wachstums bei den Online-Musikverkäufen noch immer dramatisch hoch ist. Im vergangenen Jahr sind fast 20 Milliarden Musiktitel illegal getauscht oder herunter geladen worden. Das macht mir große Sorgen, und ich sage ganz unmissverständlich: Das kann nicht so bleiben. Das Problem dabei ist, dass es bei diesem illegalen Handel häufig kein Unrechtsbewusstsein gibt. Niemand käme auf die Idee, den Diebstahl von Gütern im Kaufhaus als legitim zu betrachten. Aber beim Diebstahl geistigen Eigentums ist man großzügig.
Deshalb bin ich sehr froh, dass es mir nach harter Kontroverse gelungen ist, die so genannte "Bagatellklausel" aus dem Entwurf zum "Zweiten Korb" der Urheberrechtsreform zu streichen. Ich hielt es für fatal, bei illegalem Handeln in geringerem Umfang von der Strafverfolgung abzusehen. Das hätte den Eindruck vermittelt, dass geistiges Eigentum im Vergleich mit materiellen Gütern weniger schützenswert ist. Das wäre ein völlig falsches Signal gewesen. Wir müssen aber nicht nur das Unrechtsbewusstsein schärfen, sondern auch konkrete Sanktionen bei Verstößen ermöglichen. Deshalb ist es wichtig, dass der Musikindustrie ein Auskunftsanspruch gegen die Internetprovider eingeräumt wird, so wie es von der Bundesregierung in einem Gesetzentwurf vorgesehen wird. Aber auch die Provider sind zur Hilfe aufgefordert. Sie müssen endlich der illegalen Nutzung ihrer Netze entschiedener entgegentreten.
Sie haben gehört, dass die Bundesregierung einiges unternimmt, um die Interessen der Musikindustrie zu schützen und zu unterstützen. Ich sehe mich als Staatsminister für Kultur und Medien als Anwalt der Künstler und der Kreativwirtschaft. Sie können auf meine Sympathie und Unterstützung zählen.
Vielen Dank!